Hanauer Medizinhilfe Karpato-Ukraine berichtet von wachsender Not

Hanau
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Helfen heißt Handeln. Seit dem 24. Februar, dem Kriegsbeginn in der Ukraine, hat die private Hanauer Medizinhilfe Karpato-Ukraine bereits zwölf Transporte mit Hilfsgütern aus Hessen über die ungarische Grenze in die Ukraine gebracht. Was vor über 25 Jahren vor allem als medizinische Unterstützung für den Aufbau einer Poliklinik in der Stadt Mukachevo im Westen des Landes begonnen hat, wurde seit dem Angriff der Russen als humanitäre Hilfe auf das ganze Land erweitert.



Von Nudeln bis hin zu chirurgischem Besteck packt die private Hilfsorganisation, unterstützt von vielen ehrenamtlichen Helfern und Sponsoren, in einem Hanauer Parkhauslager alles in Pakete für den teils über 2000 Kilometer langen Transport. „Seit Kriegsbeginn ist es uns gelungen, tonnenschwere Transporte mit medizinischen und humanitären Hilfsgütern ins Land zu schicken – sie gingen beispielsweise nach Lviv, Kiev oder auch in den stark umkämpften Osten“, sagt Dr. Martina Scheufler.

Die Hanauer Ärztin organisiert seit über zwei Jahrzehnten federführend die Medizinhilfe Karpato-Ukraine und wurde dafür von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2018 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Seit Beginn der Zusammenarbeit wurden schon über 150 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine gebracht. Neben der Arbeit in ihrer Praxis widmet die 66-Jährige jede freie Minute der Unterstützung der Menschen in dem vom Krieg geschüttelten Land. Um diese noch genauer koordinieren zu können und sich ein detaillierteres Bild der Lage vor Ort zu machen, ist Scheufler in der vergangenen Woche selbst wieder für mehrere Tage nach Mukachevo gereist, zusammen mit einigen Unterstützern in zwei Transportern über Österreich und Ungarn.

Im Mittelpunkt des insgesamt fünftägigen Trips stand der direkte Austausch mit Bürgern und vor allem Ärzten vor Ort. „Die Lage in den direkt vom Krieg betroffenen Regionen ist selbstverständlich prekär, aber auch im Rest des Landes ist die Situation für die Menschen extrem herausfordernd. Unterstützung ist weiterhin dringend erforderlich“, sagt Scheufler.

Die Rahmenbedingungen in dem ohnehin armen und strukturschwachen Gebiet im west-ukrainischen Transkarpatien seien geprägt von einer galoppierenden Inflation durch massiv steigenden Lebensmittel- und Energiepreise (offiziell etwa 40 Prozent). Hinzu komme, so die Hanauer Ärztin, die Furcht vor einem harten Winter. Derweil müssten in der Region viele Flüchtlinge – vor allem Frauen und Kinder – aus den Kampfgebieten untergebracht und versorgt werden. Zudem sind die Krankenhäuser voll mit verletzten Soldaten. „Die Bevölkerung leidet unter hoher seelischer Belastung und den psychischen Folgen durch die Angst und die schrecklichen Nachrichten aus den Kriegsgebieten. Alle Männer zwischen 18 und 60 sind zum Kriegsdienst einberufen, sodass die meisten Familien hier direkt oder indirekt vom Krieg betroffen sind“, resümiert Scheufler.

Immer wieder wurde die Hanauer Reisegruppe während ihres Aufenthaltes von Alarmsirenen aufgeschreckt, die vor möglichen Luftangriffen der russischen Armee warnen. Dr. Laszlo Vacko, Chefarzt des von der Hanauer Medizinhilfe geförderten Medical Centers Mukachevo, sagte stellvertretend für viele seiner Landsleute: „Wir sind im Krieg, und Krieg ist nicht nur dort, wo Raketen explodieren oder Schüsse fallen, sondern in den Köpfen von uns allen.“ Diese lähmende Angst zu überwinden, sei für die Menschen eine tägliche Kraftanstrengung. „Viele wissen nicht, wie sie über den Winter kommen sollen“, so der ukrainische Arzt.

Schon jetzt versorgt die aus Hanau unterstützte Poliklinik ein Drittel der Patienten kostenlos. Menschen, die sich eine medizinische Behandlung nicht leisten können, zumal es in der Ukraine keine gesetzliche Krankenversicherung gibt. Ein Team von Spezialistinnen wie Ergotherapeutinnen und Psychologinnen widmet sich der Behandlung vom Krieg traumatisierter Kinder und gleichzeitig bereiten sich Vacko und seine Kollegen darauf vor, verletzte Soldaten gratis zu behandeln. „Wir wollen so vielen helfen wie möglich“, sagt der ukrainische Mediziner.

Eine Aufgabe, die den Ärzten des Medical Centers, das in den vergangenen zweiundzwanzig Jahren dank der Hilfe und den Investitionen aus Hanau bereits 250.000 Patienten behandelt hat, alles abverlangt. Bei der sie sich aber von der aktuellen Kriegsbedrohung und der ungewissen Zukunft nicht stoppen lassen wollen. So sind die Planungen in Mukachevo weiterhin nach vorne gerichtet. Ein notwendiges neues Gerät für Computertomographie soll in naher Zukunft angeschafft werden. Das allerdings geht nur mit der Unterstützung von außen. Hier will die Hanauerin Martina Scheufler in den kommenden Monaten in der Region auf Spendensuche gehen und versuchen, auch weiterhin neue Partnerschaften zu schließen. Zum Beispiel im Sinne der von der Stadtverordnetenversammlung Hanau im Sommer 2022 einstimmig beschlossenen Projektpartnerschaft mit der 90.000-Einwohner-Stadt in Transkarpatien.

„Die Menschen dort haben ihre Hoffnung in Kriegszeiten nicht verloren – auch, weil sie sich der Unterstützung aus Hanau gewiss sein können. Dies gerade jetzt weiterhin verlässlich fortzuführen, muss unser Anspruch sein“, sagt Scheufler. Die Medizinhilfe aus Hanau ist eine 1996 gegründete humanitäre Initiative. Der Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der medizinischen Versorgung - ursprünglich vorrangig in der Region Transkarpatien, seit Kriegsbeginn erstreckt sich die Hilfe auf das gesamte Land. Und die nächsten Lieferungen stehen schon bereit. Medizinisches Material wird in den kommenden Wochen von Hanau per Laster in Richtung Ukraine starten.

Spendenkonto

Wer die Hanauer Medizinhilfe Karpato-Ukraine unterstützen möchte, überweist unter dem Verwendungszweck „Medizinhilfe“ Geld auf das Konto bei der Sparkasse Hanau mit IBAN DE62 5065 0023 0000 0503 51.

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