"Arbeitsweise der Waffenbehörde des Main-Kinzig-Kreises war mangelhaft"

Hanau
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In der öffentlichen Sitzung des „UNA Hanau“, dieser Untersuchungsausschusses des Hessischen Landtages wurde zur Aufarbeitung des rassistisch motivierten Attentates in Hanau am 19. Februar 2020 eingesetzt, wurden Mitarbeiter der Waffenbehörde des Main-Kinzig-Kreises und erneut die Erste Kreisbeigeordnete des Main-Kinzig-Kreises, Susanne Simmler (SPD), zu dem Komplex Waffenbesitzkarte von Attentäter Tobias R. gehört.



Deutliche Kritik gab es nach der Sitzung vor allem von der FDP. „Die Arbeitsweise der Mitarbeiter in der Waffenbehörde des Main-Kinzig-Kreises war mangelhaft“, kritisiert Dr. h.c. Jörg-Uwe HAHN, Obmann der Fraktion der Freien Demokraten im Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Hanau, nach der Vernehmung einer Mitarbeiterin dieser Behörde in der Sitzung des Ausschusses. „Die Akten sind leider ebenso mangelhaft wie die Arbeitsweise. Die Hinweise des späteren Hanauer Attentäters Tobias R. auf seinen Wohnort - woraus sich die Zuständigkeit der Waffenbehörde geändert hätte und München zuständig gewesen wäre - wurden wenig beachtet. Auch Fragen nach dem Verwahrungsort der Waffe wurden nicht ausreichend beantwortet. Solche Unklarheiten in der Aktenlage dürfen nicht einfach hingenommen werden, sondern müssen aufgeklärt werden.“ Hier bestehe dringender Verbesserungsbedarf. Oberste Priorität in einer Waffenbehörde müsse es sein, dass Waffen nicht in die falschen Hände gelangen. Laut einem weiterem Zeugen habe sich die Arbeitsweise der Waffenbehörde mittlerweile geändert. „Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, erklärt Hahn.

Die Arbeitsweise in der Kreisverwaltung des Main-Kinzig-Kreises in Gelnhausen kritisiert auch der Obmann der CDU-Landtagsfraktion, Jörg Michael Müller: "Regelanfragen der Waffenbehörden bei den Gesundheitsämtern wurden durch eine Bundesvorschrift vor Erteilung der Waffenbesitzkarte an Tobias R. abgeschafft. Wie in den Vernehmungen deutlich wurde, verwendete der Main-Kinzig-Kreis beim Antrag von Tobias R. auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte 2013 ein veraltetes Formular, in dem er sein Einverständnis zu einer Anfrage beim Gesundheitsamt erklärte. Anlass für eine Nachfrage sah die Waffenbehörde nicht. Eine Nachfrage beim Gesundheitsamt hätte Anlass zu weiteren Prüfungen gegeben: Beamte des Polizeipräsidiums Südosthessen hatten 2004 ihre Erkenntnisse zu einer psychischen Beeinträchtigung von Tobias R. an das Gesundheitsamt übermittelt. Wie beim Gesundheitsamt damit verfahren wurde, konnte die Erste Kreisbeigeordnete des Main-Kinzig-Kreises Susanne Simmler auch bei ihrer gestrigen Befragung nicht erklären. Obwohl sich aus den Akten ergibt, dass das Gesundheitsamt mit Familie R. Kontakt aufnahm, blieb die Erste Kreisbeigeordnete dabei, Unterlagen zu Tobias R. hätten nicht vorgelegen."

Müller fasst zusammen: „Ob und welche Maßnahmen das Gesundheitsamt ergriff, bleibt damit weiter unklar. Sicher ist, dass Tobias R. nicht ausreichend an Maßnahmen des Gesundheitsamtes angebunden wurde, um die Verfestigung seiner Erkrankung und die damit einhergehende Gefahr für andere zu erkennen. Auch der vielfache Wechsel der Sachbearbeiter bei der Waffenbehörde machte es Tobias R. vermutlich einfach, unauffällig zu bleiben. Anfragen zur Aufbewahrung seiner Waffen beantwortete Tobias R. nicht, eine genauere Überprüfung nahmen die Mitarbeiter des Main-Kinzig-Kreises nicht vor. Auch vielfältige Hinweise auf eine fehlende örtliche Zuständigkeit wurden ignoriert. Die Erkenntnisse aus den gestrigen Vernehmungen sollte die Erste Kreisbeigeordnete des Main-Kinzig-Kreises Simmler (SPD) zum Anlass nehmen, die Tätigkeit der ihr unterstellten Behörden einer Überprüfung zu unterziehen. Auch heute noch zeigten sich sowohl bei der Sachbearbeiterin als auch beim Sachgebietsleiter der Waffenbehörde eklatante Wissenslücken hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen und ein problematisches Verständnis des eigenen Prüfungsauftrages.“

Für die Grünen äußerte sich Obfrau Vanessa Gronemann nach der Sitzung des Untersuchungsausschusses: "Festhalten lässt sich, dass die Aktenführung der Waffenbehörde mindestens als problematisch angesehen werden kann. So wurden zwar die regelhaften Überprüfungen vorgenommen, aber die Ergebnisse nicht in der Akte festgehalten. Nicht erklären konnten die Zeug*innen, warum die Behörde die Anträge des Attentäters weiterbearbeitete, obwohl diese durch den Umzug des Attentäters nach München nicht mehr zuständig war. Nicht nachvollziehbar ist zudem, warum sich der Nachweis über den Kauf der zweiten Waffe nicht in der Akte befindet, denn ohne Vorlage des Nachweises ist der Besitz der Waffe nicht legal. Auch die vorgelegten Nachweise zu dem Bedürfnis für eine Waffe scheinen teilweise unvollständig. Ein Widerruf der Erlaubnis wäre aus unserer Sicht daher möglich gewesen. Wir sehen die dringende Notwendigkeit, das Waffengesetz im Bund zu überarbeiten. Denn dass die Hürden zur Erteilung einer Waffenbesitzkarte immer noch zu niedrig sind, zeigt sich an dem Fall des Anschlags von Hanau. Waffen gehören nicht in die Hände von Rechtsextremist*innen.“

Gehört wurde in der Sitzung auch einer der von den Familien beauftragten Bestatter. Der Zeuge schilderte, dass die Frankfurter Rechtsmediziner bei Durchführung der Obduktionen sehr sensibel vorgegangen seien und die Leichname auch nach den Obduktionen gut versorgt hätten, Kanülen oder andere Behandlungsgegenstände seien nicht bei dem jeweiligen Leichnam verblieben. Entgegen der Angaben von Angehörigen sei die spätere Herausgabe der Gewebeproben in kleinen Gefäßen erfolgt, die in zwei Fällen auch bestattet worden seien.


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