4-Jähriger in Hanau in Sack erstickt: Sektenanführerin muss lebenslang ins Gefängnis

Hanau
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Die Anführerin einer Sekte in Hanau ist erneut zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen der Ermordung eines 4-jährigen Jungens verurteilt worden. Bereits im September 2020 war dieses Urteil von der 1. Großen Strafkammer im Landgericht Hanau verhängt worden, die inzwischen 76-jährige legte hiergegen erfolgreich Revision beim Bundesgerichtshof ein. Nach der neuerlichen Verhandlung im Landgericht Frankfurt änderte sich an dem Urteil allerdings nichts.



Nach Überzeugung des Gerichts war das Kind im August 1988 in einen Leinensack gesteckt worden und an seinem Erbrochenem erstickt. Die Angeklagte, die einer religiösen Gemeinschaft als Anführerin vorgestanden habe, soll seit Anfang 1988 die Mutter des später getöteten Jungen regelmäßig veranlasst haben, ihn zur Schlafenszeit in einen Sack einzuschnüren. Die Mutter des später Getöteten soll dieser Aufforderung in der Folgezeit nachgekommen sein, wobei der später getötete Junge regelmäßig im Badezimmer des Anwesens auf einer Matratze schlief, in dem neben der Angeklagten unter anderem auch die Eltern des später getöteten Jungen wohnten. Am 17.08.1988 habe die Mutter des später getöteten Jungen diesen nach dem Mittagessen auf Geheiß der Angeklagten erneut in einen solchen Sack gesteckt und ihn auf einer Matratze im Badezimmer abgelegt. Nachdem sie sodann das Haus verlassen hatte, habe die Angeklagte, die die lebensgefährliche Situation des Jungen erkannt habe, Tür und Fenster des Badezimmers geschlossen, den Jungen hier sich selbst überlassen und seinen Tod hierbei billigend in Kauf genommen. Gegen 14:10 Uhr verstarb der Junge schließlich an einer Speisebreiaspiration. Eine solche tödliche Folge habe die Angeklagte billigend in Kauf genommen.

Der Bundesgerichtshof hatte am Hanauer Urteil bemängelt, dass sich die Strafkammer eingehender damit hätte auseinandersetzen müssen, ob es sich um eine Tötungshandlung durch aktives Tun oder eine solche durch Unterlassen handelte. „Darüber hinaus sei bei der Feststellung eines Tötungsvorsatzes der Angeklagten nicht erschöpfend genug auf deren Vorstellungen zur Möglichkeit des Todes des Kindes im Zeitpunkt ihrer vorgenommenen Handlungen eingegangen, sondern unzulässig auf vorhergehendes Handeln – Anweisungen an die Mutter des Kindes – abgestellt worden, ohne gleichzeitig die zu diesem Zeitpunkt geltende innere Tatvorstellung zu beschreiben und beweismäßig zu belegen. Auch ist die Schuldfähigkeit der Angeklagten erneut zu überprüfen“, hieß es im Mai 2022 vom Bundesgerichtsgerichthof.

Der Tod des Kindes war 2015 neu aufgerollt worden, nachdem Sektenaussteiger ausgesagt und Hinweise zu einer möglichen Tötung des Jungen gegeben hatten. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten den Tod des Kindes 1988 als Unfall zu den Akten gelegt. Am Landgericht Frankfurt wurde nun seit Mai 2023 verhandelt und erneut zahlreiche Zeugen gehört. Das Urteil: Lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes.

Die Mutter des Jungen war im Oktober 2022 freigesprochen worden. Sie hatte eine Beteiligung am Tod ihres Sohnes abgestritten, was ihr nach Überzeugung der Richter im Landgericht Hanau nicht widerlegt werden konnte.


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