Mit Akzeptanz des eigenen Hilfebedarfs zur psychischen und physischen Gesundheit

Von rechts: Referent Sven Schöning, Vorsitzende Birgit Bauer-Seuring und Gäste.

Hanau
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Mit dem Impulsvortrag "Starke Seele - Stabil durch die dunkle Jahreszeit setzte der Verein Gesundes Hanau e.V. seine Reihe "Gesundheitstalk" am vergangenen Donnerstag fort.



Birgit Bauer-Seuring, Vorsitzende des Vereins, begrüßte zahlreiche Gäste und den Referenten Sven Schöning, Berater, Trainer, Coach und Ersthelfer für psychische Gesundheit aus Altenstadt. Schöning stellte sich vor Beginn seines Vortrags mit weiteren Arbeitsschwerpunkten, wie z.B. Themen: Stressmanagement, Burnout-Prophylaxe und Beratung für Betriebliches Gesundheitsmanagement mit Fokus auf psychische Belastung am Arbeitsplatz vor und schilderte sehr eindrucksvoll auch seine eigene Motivation, sich vom Banker auf das Gebiet des Gesundheitsbereichs zu begeben.

„Die dunkle Jahreszeit, Erkältungskrankheiten und nasskaltes Wetter sind für die meisten Menschen keine schöne Kombi und rufen sogar bei den größten Optimisten ein Stimmungstief hervor“, weiß der Referent aus eigener Erfahrung und lieferte auch einige Zahlen und Fakten, „doch es gibt ein paar einfache Methoden, um die Stimmung gerade im Winter etwas aufzuhellen.“ So litten in Deutschland an einem Stimmungstief in dunkler Jahreszeit 36% der Frauen und 24% der Männer, aber nur 1-2% der Bevölkerung hätten eine wirkliche Winterdepression (SAD). Von einer typischen Depression seien rund 8% der Bevölkerung betroffen.

„Erschreckend ist es, dass die Zahl der Betroffenen anhaltend steigend ist und dies besonders auch bei Kindern und Jugendlichen“, schildert Schöning besorgt, „diesen Zustand zu lindern bzw. im besten Fall zu beseitigen, fängt damit an, hinzunehmen, dass es ist wie es ist.“ Als Berater und Ersthelfer für psychische Gesundheit steht für ihn an, mit der/dem Betroffenen zu klären, ist das schon Winterdepression oder nur ein schlechter Tag. Ein Stimmungstief kommt bei den meisten Menschen schon mal vor und viele kennen die Symptome und Ursachen, insbesondere Trauer und Erschöpfung. Dies sei eine normale menschliche Reaktion auf Belastungen und Ereignisse und der Zustand verbessere sich wieder, das Gemüt klare auf. Beim „Winterblues“ blicken Betroffene oft melancholisch auf das Jahr zurück, ziehen sich in sich selbst oder in einen engeren Kreis zurück, können aber noch genießen.

Bei einer Winterdepression (SAD) hingegen, nicht gleichzusetzen mit einer Depression, zeigen sich typische Symptome einer Depression über einen längeren Zeitraum, z.B. Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit, häufige Ermüdung, längeren Schlafbedarf und sie leiden oft unter Heißhungerattacken. Als Ursachen nannte der Referent u.a.: reduzierte Sonnenlichtexposition, erhöhte Melatoninproduktion, Serotoninmangel, Vitamin D-Mangel, Kälte, keine Struktur und Tagesroutinen, Chronotyp missachten, aber auch andere Bedingungen, die der/die Betroffene nicht direkt beeinflussen kann: Gesellschaft im Krisenmodus und Gesellschaft im Wandel.

„Wir leben in einer Zeit der Polykrisen und der rasant fortschreitenden Entwicklungen wie Desinformationskampagnen, Grenzen von Wachstum und Wohlstand und KI - Künstliche Intelligenz“, führte Schöning aus. Als Lösungswege, so einige allgemeine Aussagen von Psychiatern und Therapeuten, sei hochwirksam die Kombination aus Ausdauersport, Psychotherapie und Medikamenten. Ausdauersport baue Stresshormone ab, setzt Endorphine frei, wirke stimmungsaufhellend, senke hohen Blutdruck u.v.m., ob z.B. beim Spazierengehen, Pilgern, Nordic Walking oder Jogging. Psychotherapie sei zwar wirksam, aber aufgrund durchschnittlicher Wartezeiten auf einen Therapieplatz von rund fünf Monaten schwierig, wenn Hilfe zeitnah erfolgen müsste. Schöning empfiehlt deshalb, sich auf Warteliste(n) setzen lassen, Übergangslösungen suchen, wobei er darauf hinweist, dass Selbsthilfe nur eingeschränkt möglich sei.

Für die Einnahme von Medikamenten gelte zu beachten, dass man gut eingestellt sein müsse, es ein hohes Spektrum an Nebenwirkungen gäbe und das Absetzen kontrolliert erfolgen müsse. Doch nicht jeder Mensch wolle diese Medikamente. Schöning setzt deshalb auf Lösungswege, die medikamentenfrei und wirksam auf der persönlichen Ebene greifen, präventiv und auch wenn sich eine Belastungssituation bereits manifestiert hat: Achtsamkeit! D.h. insbesondere, im Hier und Jetzt leben, Akzeptanz, nicht urteilen / bewerten und vom Tun-Modus in den Sein-Modus kommen. Achtsamkeit und Akzeptanz sind zwei wichtige Resilienzfaktoren. Unter dem Resilienzbegriff verstehe man die Fähigkeit von Personen oder Gemeinschaften, schwierige Lebenssituationen wie Krisen oder Katastrophen ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überstehen.

„Hinzu kommen weiter Faktoren wie Zielorientierung, Optimismus, Netzwerk- und Lösungsorientierung und das Steuern von Emotionen“, erläutert der Referent, „Gelassenheit, Humor, starkes Selbstvertrauen, Grenzen setzen, Nein sagen, Verantwortung übernehmen, Zukunftsorientierung und die „Opferrolle“ verlassen. Um dies alles zu verstehen, zu bewältigen und die Sinnhaftigkeit zu verankern, gebe es den Weg, sich Hilfe zur Selbsthilfe zu holen und darauf zu bauen, dass man es schafft, Stressoren zu bewältigen und Schutzfaktoren auszuwählen oder darauf zurückzugreifen. „Die betroffenen Menschen müssen erkennen, was ihre Stressoren sind, wie Veränderung geht und was sie als Nächstes angehen wollen. Dabei hilft z.B., dass ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner Selbsthilfegruppen zwischen den Treffen „Hausaufgaben“ stelle, um ins Machen zu kommen und den Weg und den Erfolg nachvollziehbar und sichtbar zu machen“, rät Schöning.

Mit einem Zitat von Torsten Sträter aus dessen eigener Sendung beendete Sven Schöning seinen kurzweiligen, informativen und sehr persönlichen Vortrag: „Depressionen haben manchmal keinen für dich erkennbaren Grund. Da kannst du Graf Koks sein und goldene Zeppeline fliegen. Und es erwischt dich trotzdem eines Mittwochs.“ Im zweiten Teil des „Gesundheitstalk“ nutzten es die Besucher*innen ausgiebig, sich mit Sven Schöning auszutauschen. Ein Fragekomplex bezog sich dabei auf die schwierige Rolle als Angehörige/r. Hilfreich sei, so Sven Schöning, zu akzeptieren, dass man oft der Situation hilflos gegenübersteht, zuhören, offen sein, sich zu informieren z.B. bei der Deutsche Depressionsliga/-Stiftung, keinen Druck auf die/den Betroffene/n auszuüben und sich ggf. selbst einer Selbsthilfegruppe für Angehörige anzuschließen. Birgit Bauer-Seuring bedankte sich sehr herzlich beim Referenten mit einem kleinen Gastgeschenk, bei den Gästen für ihr Kommen und die rege Teilnahme und insbesondere bei den Mitarbeitenden des Kulturforums für ihre tatkräftige Unterstützung.

Abschließend verwies sie auf den nächsten Gesundheitstalk, der wie üblich in Kooperation mit dem Kulturforum in Hanau am 29. Februar, 19 Uhr, mit dem Thema “Körperliche und seelische Gesundheit mit Homöopathie“ stattfindet, wozu sie alle Interessierten herzlich einlud. Eine Einladung über die Presse und Social Media erfolge in Kürze, Weiteres sei auch auf der Webseite zu finden www.gesundes-hanau.de.

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Von rechts: Referent Sven Schöning, Vorsitzende Birgit Bauer-Seuring und Gäste.

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Birgit Bauer-Seuring und Sven Schöning.


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