"Über Israel reden"

Hanau
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Die Wogen schlagen hoch, wenn es um Israel, den Antisemitismus und den Nahostkonflikt geht.



Etwa im vergangenen Jahr, als Werke mit antisemitischen Darstellungen bei der Kunstausstellung documenta gezeigt worden sind. In solchen Situationen meldet sich Meron Mendel, der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, gerne zu Wort.

Jetzt hat der studierte Pädagoge und Historiker, der 1976 in Israel geboren wurde und als junger Mann nach Deutschland ging, ein Buch über die hitzigen Nahost-Debatten in Deutschland geschrieben. Er setzt sich für einen Ausgleich mit den Palästinensern ein. Mit der neuen rechts-religiösen Regierung entferne sich Israel weiter, denn je von einer Friedenslösung.  Er kann nachvollziehen, warum Palästinenser die sogenannte BDS-Kampagne unterstützen. Diese ruft zu einem Boykott Israels auf. "Als Israeli halte ich mich mit Empfehlungen zurück, was Palästinenser sagen dürfen und was nicht", schreibt Mendel. "So falsch ein totaler Boykott Israels auch sein mag: Wäre es nicht eine Anmaßung, Menschen, die unter einem Besatzungsregime leben, zu verbieten, eine solche Forderung zu stellen?"

Manchmal sind auch Bilder antisemitisch, so wie auf der documenta im vergangenen Jahr, zu der sich Meron Mendel immer wieder öffentlich geäußert hat. Nach solchen Vorfällen beklagen deutsche Politiker oft, dies verletze die "Gefühle" von Jüdinnen und Juden. Das stört den Pädagogen. "Das Problem von Antisemitismus ist nicht die Befindlichkeit von Juden in diesem Land, die um Antisemitismus besorgt sind", sagte er vergangenes Jahr im NDR. "Sondern Antisemitismus ist ein reales Problem von Menschen, die aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit diskriminiert werden, die angegriffen werden, bis hin zu einem Terroranschlag auf eine Synagoge."

Die Thesen einiger Historiker, Deutschland fixiere sich auf das Gedenken an die ermordeten Jüdinnen und Juden und verdränge dadurch die Opfer der eigenen Kolonialverbrechen, findet Meron Mendel bedenklich. "Es herrscht die Vorstellung, dass vor allem eine Fixierung auf die Shoah die Ursache für die schleppende Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit sei. Das ist ein Trugschluss", sagt Mendel. "Im Kern geht es um den Wunsch, den deutschen Diskurs über Israel zu normalisieren, Israel scharf zu verurteilen, ohne dessen Entstehungsgeschichte mit bedenken zu müssen."

Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „ Dies ist ein großes, in großer geistiger Unabhängigkeit geschriebenes Essay eines Autors, der an billigem Applaus und muffigen Zugehörigkeitsgefühl offenbar so fantastisch desinteressiert ist, wie es auf diesem Gebiet sehr, sehr selten geworden ist“

Lesung von Prof. Dr. Meron Mendel aus seinem Buch „Über Israel reden“ und Gespräch.
Gesprächsführung:  Gregor Haschnik, Frankfurter Rundschau
11.03.24, 19.00 Uh4 Kulturforum Hanau, Bibliothek, Am Freiheitsplatz


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