Mit 3.500 Teilnehmenden gab es die größte Beteiligung in der Geschichte des 23jährigen Benefizlaufes „Stärke zeigen – Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen. Gabriele Ewald, Vertreterin des Sportkreises im Organisationsteam und Mit-Initiatorin des ersten Laufes im Jahr 2001, hob in der Sitzung nochmals hervor, dass der Lauf mittlerweile ein gemeinsames Teamereignis ist. „Wir sind nicht irgendein sportliches Laufereignis,“ unterstrich Ewald nochmals in aller Deutlichkeit. „Die Teilnehmenden identifizieren sich bewusst mit dem Benefizzweck und dem Ziel, ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen und mit ihrer Startgebühr die Frauenhäuser in Hanau und Wächtersbach zu unterstützen. Der Lauf hat seine ganz eigene Strahlkraft, gerade weil eben nicht die individuelle sportliche Leistung, sondern das gemeinsame Zeichen gegen Gewalt im Vordergrund steht“, betonte Gabi Ewald. „Miteinander in Vielfalt, mit Respekt und Toleranz und einer klaren Botschaft. Ein gemeinsames Zeichen von Sportbegeisterten von 12 bis über 80 Jahre, von Schülerinnen und Schülern, Menschen mit Beeinträchtigungen, ob beim Walken, Joggen oder mit dem Rollstuhl.“
Das Frauenplenum Hanau sieht das Signal, das vom Stadtlauf ausgeht, als Ermutigung, in ihrem Einsatz für den dringenden Ausbau und die finanzielle Absicherung von Schutzeinrichtungen und präventiven wie nachsorgenden Hilfeangeboten. Die gemeinsame Forderung am Abend war klar: Wir brauchen das Gewalthilfegesetz und zwar jetzt! Cornelia Gasche, Frauenbeauftragte in Hanau und Swantje Ganecki, Vertreterin des Vereins Frauen helfen Frauen Hanau e.V. und langjährige Mitarbeiterin im Frauenhaus Hanau, beschrieben nochmals die zwingende Forderung an die Bundesregierung, an das gesamte Bundesparlament und die Regierungen und Parlamente der Länder. „Es war ein großes Ziel dieser Legislaturperiode, endlich das Gewalthilfegesetz auf den Weg zu bringen. Ziel der gesetzlichen Regelung ist es, die dringend erforderlichen Hilfestrukturen sukzessive – dem Bedarf entsprechend -auszubauen und vor allem auch finanziell abzusichern,“ erinnerte die Hanauer Frauenbeauftragte. Swantje Ganecki erläuterte nochmals, dass in Deutschland alleine 14.000 Schutzplätze fehlen.
Es gibt bisher keine Standards. Schutzsuchende Frauen finden in manchen Regionen kein oder ein völlig unzureichendes Hilfeangebot. Frauen mit Beeinträchtigungen oder mit älteren Kindern, sind oft noch schlechter versorgt, weil es viel zu wenige bedarfsgerechte Schutzplätze für Personen mit besonderen Anforderungen gibt. Beratungsangebote sind in verschiedenen Regionen rar und präventiv tätige Hilfestellen oder auch ausreichende Angebote für die Arbeit mit Tätern und Männern, die zu Gewalt neigen, gibt es eindeutig zu wenige. Dort, wo es Angebote gibt, sind sie oft von projektbezogenen oder nicht abgesicherten Finanzzuschüssen abhängig. Frauen, die Schutz suchen, müssen am Ende sogar selbst einen Kostenanteil für „die Unterkunft“ zahlen. Ein völlig unbefriedigendes und absurdes System, waren sich alle einig.
Die Abhängigkeit von jährlich neuen Haushaltsentscheidungen führt nicht dazu, dass ausreichende und nachhaltige Strukturen geschaffen und ausgebaut werden können. Auch das System, das unterjährig aufgestockte einmalige Zuschüsse hier und da überraschend erhöht werden, ist gut gemeint aber am Ende alles andere als eine wirksame und nachhaltige Lösung, so das Resümee des Hanauer Frauenplenum. „Im Gegenteil, es stresst am Ende die bestehenden Strukturen. Mit Mitteln, die man in 9 oder 6 Monaten ausgeben soll, schafft man nicht einen zusätzlichen Schutzplatz und auch keine Arbeitsstunde für eine qualifizierte Beratung“, ergänzte Gasche.
Gasche bezeichnete es als unfassbar, dass im Oktober 2024 noch nicht bekannt sei, ob das 2020 aufgelegte Investitionsprogramm für den Ausbau von Frauenhausplätzen, das mit jährlich 30 Millionen Euro ausgestattet war, 2025 überhaupt fortgesetzt wird. „Das ist eine unerträgliche Situation“, so Gasche in aller Deutlichkeit. Die gemeinsame Forderung ist klar: Das Gewalthilfegesetz muss noch in dieser Legislaturperiode beschlossen und finanziell ausgestattet werden. Ein Verschieben würde viele weitere verlorene Jahre bedeuten. Jahre, in denen Frauen keinen ausreichenden Schutz finden und verdammt sind, Gewalt und in leider viel zu vielen Fällen Mord zu erleben.
„Das ist eine Forderung und Verpflichtung aller Parteien und Fraktionen im Bundestag und in den Länderparlamenten. Niemand kann hier auf den jeweils anderen zeigen. Der Entwurf des Gesetzes liegt vor. Im Namen aller betroffenen Frauen, schließen wir uns der gemeinsamen Forderung vieler Frauenorganisationen in Deutschland an: Das Gewalthilfegesetz muss noch in dieser Wahlperiode abschließend beraten und verabschiedet werden. „Es ist ein gemeinsamer Auftrag an alle demokratischen Fraktionen, zudem sie sich - nicht zuletzt mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention - verpflichtet haben“, so die Anwesenden der gemeinsamen Sitzung. Sie danken umso mehr allen 3.500 Teilnehmenden des diesjährigen Hanauer Stadtlaufes. „Ihre Beteilung stärkt uns vor Ort den Rücken und es bringt jährlich ein Thema in die Öffentlichkeit und auf 6km durch die Stadt, mit dem wir uns alle eher ungern befassen. Der Lauf ist deshalb auch ein Zeichen an die von Gewalt Betroffenen, Mut zu schöpfen und Hilfe zu suchen so das Hanauer Frauenplenum, gemeinsam mit den anwesenden Akteurinnen aus dem Organisationsteam des Stadtlaufes, Gabriele Ewald und Cornelia Gasche.
Von Gewalt betroffene Frauen oder Rat suchende Helferinnen und Helfer, Familienmitglieder etc. können sich regional an den Verein Frauen helfen Frauen Hanau e.V. (Träger des Frauenhauses und der Fachberatungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt) unter der 06181 12575 oder an das bundesweite zentrale Hilfetelefon wenden. Das zentrale Hilfetelefon steht rund um die Uhr in 18 Fremdsprachen unter der gebührenfreien Rufnummer 116 016 zur Verfügung. Infos gibt es auch online unter www.hilfetelefon.de oder #Hilfetelefon #DieNächste #WirALLE #bff
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