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Wo bislang nur zwei Kanalschachtabdeckungen zu sehen waren, wurde das Pflaster entfernt, Straßenleuchten abgebaut, Leitungsgräben gezogen und eine größere Baugrube rund um ein mehr als 50 Jahre altes Schachtbauwerk ausgehoben. Dieses hat der Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service (HIS) erneuern lassen.

Bei diesem Schachtbauwerk handelt es sich um einen Regenüberlauf (RÜ), der dazu dient, die Kanalisation bei erhöhten Abflüssen zu entlasten und damit die angeschlossenen Grundstücke vor Überflutung zu schützen. In dem Bauwerk befand sich bisher eine Schwelle, über die das mit Regenwasser stark verdünnte Abwasser in den Main abfließen kann. Zu solchen Überlaufereignissen kommt es nur dann, wenn die weiterführende Kanalisation die Abflussmengen nicht mehr aufnehmen kann. Im Laufe eines Jahres darf dies bis zu 20 Mal vorkommen; andernfalls müssen Kanäle vergrößert oder Rückhaltungen geschaffen werden.

Der vorhandene RÜ hielt diese Vorgaben zwar ein, entsprach aber in vielen anderen Punkten nicht mehr dem Stand der Technik, was angesichts des Alters von mehr 50 Jahren nicht außergewöhnlich ist. Seit der Inbetriebnahme des Bauwerks in den 1960er Jahren hat sich einiges geändert und zwar sowohl am technischen Regelwerk als auch im Einzugsgebiet. Das umfasst im Wesentlichen die Steinheimer Altstadt, in der vor 50 Jahren nach und nach alle Gebäude und die Straßenentwässerung an die städtische Kanalisation angeschlossen wurden.

Eine Besonderheit war damals, dass das Abwasser aus der Steinheimer Altstadt nicht zur Steinheimer Kläranlage zwischen der Offenbacher Landstraße und dem Main abgeleitet wurde, sondern über einen Kanal in der Illertstraße nach Klein-Auheim in die dortige Kläranlage, die das gereinigte Abwasser über den Hellenbach in den Main einleitete. Der Grund dafür liegt in der Topographie. Das Gelände westlich der Straße Steinheimer Vorstadt fällt größtenteils in Richtung Main ab. Während der Eingang zum Wenck'schen Hof am Kardinal-Volk-Platz auf etwa 116 Meter über Normalnull liegt, liegt der Zugang zum Druckhaus hinter dem Maintor etwa vier Stockwerke tiefer auf nur noch 104 Metern.

Während der Zeit, in der die Altstadt noch nicht kanalisiert war, flossen Regenwasser zusammen mit anderen Dingen über die Straßen so in Richtung Main ab und dort hinein. Da der Zusammenhang zwischen Hygiene und einer geordneten Abwasserbehandlung spätestens Ende des 19. Jahrhunderts bekannt war, wurde damit begonnen, die Siedlungen mit fließendem Wasser zu versorgen und Kanäle für Abwasser zu verlegen. Die ältesten Teile der neuzeitlichen Kanalisation in Hanau stammen aus dem Jahr 1890. Nicht zuletzt durch die beiden Weltkriege verzögerte sich die Kanalisierung im Umland bis in die 1950er Jahre, in denen die damals noch vorhandenen Wasserwirtschaftsämter die Abwasserbehandlung auf Basis des technischen Regelwerks der Abwassertechnischen Vereinigung steuerten und förderten. Im Zuge der Kanalisierung von bewohnten Siedlungen erhielt in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre schließlich auch die Steinheimer Altstadt ihre Abwasserleitungen, die den Straßenverläufen folgten und am Maintor endeten. Dort hätte auch eine Pumpstation errichtet und das Abwasser über eine Druckleitung über die Neutorstraße bis an die Ludwigstraße gefördert werden können, doch wurde sich für eine energiesparendere Variante entschieden und das Abwasser nach Klein-Auheim geleitet, wozu es nicht gepumpt werden musste. Seit 1996 wird es dann doch gepumpt, weil sowohl die Klein-Auheimer als auch die Steinheimer Kläranlage außer Betrieb gingen und heute alles im Hanauer Klärwerk auf der anderen Mainseite behandelt wird.

Was hat das Ganze nun mit der Baumaßnahme vor dem Druckhaus zu tun? Da die Altstadt im Mischkanalsystem entwässert wird – wie im Übrigen der größte Teil von Hanau – , steht für die Ableitung von Sanitärabwasser und Regenwasser nur eine Kanalleitung zu Verfügung. Das heißt, das Schmutzwasser aus Waschbecken, Toiletten und Waschmaschinen wird bei stärkeren Niederschlägen mit Regenwasser gemischt - daher die Bezeichnung Mischwasser. Da bei starken Niederschlägen kurzzeitig deutlich mehr Abwasser anfällt als in niederschlagsfreien Zeiten, wären die Kanäle am Ende eines Kanalnetzes riesengroß, ebenso wie die Kläranlage, die das Abwasser aufnehmen soll. Aus diesem Grund werden Kläranlagen nur mit der Menge beschickt, die in etwa dem Zweifachen des Zuflusses in niederschlagsfreien Zeiten entspricht. Fällt mehr an, muss die Mehrmenge im Kanalnetz zurückgehalten oder über Entlastungsanlagen direkt in ein Gewässer eingeleitet werden.

In Hanau gibt es insgesamt 24 solcher Entlastungsanlagen, teilweise mit Rückhalteräumen, teilweise ohne. Der RÜ in der Illertstraße ist eine von vier Entlastungsanlagen in Steinheim und ist die letzte im Stadtteil, bei der eine Sanierung anstand. Neben dem Alter des Bauwerks war das größte Nachteil, dass die Überlaufschwelle bislang keinen Schutz vor Grobstoffabtrieb bot, so dass am Einlauf in den Main bzw. in dessen Altarm hin und wieder Artikel auftauchten, die dort eigentlich nichts zu suchen haben. Tatsächlich war das zu der Zeit, als der RÜ erstmalig in Betrieb ging, noch kein großes Problem. Da heutzutage die Toilette aber gern als Mülleimer missbraucht wird, befördert die Kanalisation immer mehr Abfälle, die dort nicht hingehören. Weder Essenreste noch Hygieneartikel aus Kunststoffen gehören in die Toilette ,sondern in die Biotonne und den Restmüll. Ähnliches gilt für Arzneimittel und flüssige Abfälle wie Farben, Lösungsmittel und dergleichen. Auch diese Dinge haben im Kanal nichts verloren.

Um den Main-Altarm vor Unrat aus der Kanalisation zu schützen, wurde daher beschlossen, den alten RÜ durch ein neues Bauwerk zu ersetzen, das mit einer speziellen Apparatur ausgestattet ist, die dazu dient, bei starkem Regen grobe Stoffe im Kanal zurückzuhalten und nicht in den Altarm auszuschwemmen. Um diesen Siebapparat zu betreiben, bedarf es allerdings eines Anschlusses an das Stromnetz und das Fernwirksystem. So kann die Anlage automatisch arbeiten und Störungen lassen sich rechtzeitig erkennen. Dank der relativ kompakten Abmessungen des Bauwerkes konnte dies in einem Betonwerk vorgefertigt und en bloc zur Baustelle transportiert werden, wo es mit Hilfe eines großen Mobilkrans in die vorbereitete Baugrube gehoben wurde. Nach Einsetzen und Anschließen der technischen Ausrüstung erhält das Bauwerk seine ebenfalls im Werk vorgefertigte Decke mit den beiden Einstiegsöffnungen, deren Abdeckungen später als einziges zu sehen sein werden.

Neben dem minutiös vorbereitenden Kraneinsatz stellten ein Teil der denkmalgeschützten Bruchsteinmauer und der Schutz des Naturdenkmals Gerichtslinde die größten Herausforderungen für Bauleitung und Ausführende dar, die das aber routiniert beherrschten. Die auch nicht ganz einfache Planung des abwassertechnischen Teils wurde vom HIS bereits im Vorfeld erstellt. Begonnen haben die Arbeiten Anfang März 2022 nach Ausschreibung, Vergabe und bauvorbereitenden Maßnahmen. Der planmäßige Abschluss vor Ort ist für Ende Juni 2022 vorgesehen, wobei die Arbeiten aktuell vor dem Zeitplan liegen, was sowohl den Leistungen von allen Beteiligten als auch dem guten Bauwetter zu verdanken ist. Die Baukosten mit insgesamt rund 500.000 Euro veranschlagt. HIS investiert sie, um in den nächsten 50 Jahre an dieser Stelle nicht wieder in der Erde eingreifen zu müssen.

Foto: Das erneuerte Regenüberlaufbecken am Steinheimer Druckhaus.
Foto: Das im Betonwerk vorgefertigte Regenüberlaufbecken wurde mit Hilfe eines großen Mobilkrans in die vorbereitete Baugrube gehoben.
Quelle: Stadt Hanau


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