„Sportsfield II“ in Hanau: Erste ukrainische Flüchtlings-Familien ziehen ein

Wolfgang
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Auf dem bisher ungenutzten Teil von "Sportsfield Housing" im Hanauer Stadtteil Wolfgang sind in diesen Tagen die ersten Flüchtlingsfamilien aus der Ukraine eingezogen. "Das war schnelle, koordinierte und engagierte Hilfe" lobte Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) städtische Dienststellen und Eigenbetriebe sowie Handwerksbetriebe aus der Region. Die bezugsfertige Herrichtung der seit rund fünf Jahren ungenutzten Gebäude sei in Rekordzeit gelungen, so der OB.



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Um die seit dem Abzug der US-Army im Jahr 2006 leerstehenden rund 400 Wohnungen gibt es seit langem einen Streit zwischen der Brüder-Grimm-Stadt und den übergeordneten Behörden. Die Stadt möchte das Areal gern kaufen und als Wohngebiet nutzen. Die zuständigen Genehmigungsbehörden, insbesondere das Regierungspräsidium, lehnen eine dauerhafte Wohnungsnutzung aber aus Umweltgründen ab. Unter anderem wegen der angrenzenden vielbefahrenen Aschaffenburger Straße, der Eisenbahnlinie und der Nähe zu den Dunlop-Werken. Auch die entsprechenden Vorstöße der Stadt auf Landes- und Bundesebene waren bisher erfolglos geblieben.

Mit der Verschärfung der Syrien-Krise und dem Ansteigen der Flüchtlingszahlen aus dem Mittelmeerraum 2015 war dann das gesamte, dem Bund gehörende Gelände, von der zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) vorübergehend freigegeben und die seit fast zehn Jahren leerstehenden Gebäude saniert und wieder bewohnbar gemacht worden. Auf einem Teil der Anlage hatte das Land Hessen eine Erstaufnahme für Flüchtlinge eingerichtet, auf dem andern Teil die Stadt Hanau eine Unterkunft für die ihr zugewiesenen Flüchtlinge errichtet.

Während das Land nach dem Sinken der Flüchtlingszahlen die Erstaufnahmeeinrichtung schloss, hat die Stadt Hanau den von ihr genutzten Teil der Anlage weiter zur Unterbringung von Geflüchteten aus den unterschiedlichen Regionen genutzt. Bereits direkt nach dem Überfall von Putins Armee auf die Ukraine hatte dann die Stadt -wie berichtet- wegen der zu erwarteten Flüchtlinge Kontakt mit der BIMA aufgenommen. Ziel war die Anmietung von "Sportsfield II". Bereits nach kurzer Zeit konnte ein entsprechender Mietvertrag geschlossen werden. Die Stadt erhält Gelände und Gebäude kostenfrei, muss aber für Sanierungs- und Nebenkosten aufkommen.

"Das war schon eine anspruchsvolle Aufgabe" kommentierten nun nach dem Bezug des ersten Gebäudes übereinstimmend die Projektverantwortlichen Alessandra Zeidler, Sven Holzschuh und Uwe Niemeyer von der städtischen Koordinierungsstelle, Marcus Hergenröther von der städtischen BAUprojekt GmbH und Stefan Beyer, Leiter des Amtes für Wohnhilfen und Soziales. Nach rund fünf Jahren Leerstand mussten die Gebäude erst einmal wieder in einen bewohnbaren Zustand gebracht werden. Ver- und Entsorgungsleitungen mussten überprüft, teilweise repariert und wieder an das Netz angeschlossen werden. Hier waren vor allem die Stadtwerke gefragt, die Verbindungen zum Strom- und Trinkwassersystem herstellten. Die Wasserleitungen mussten gespült und die entsprechenden Qualitätsprüfungen durchgeführt werden. In den Gebäuden und den Wohnungen mussten nach den unbenutzten Jahren eine Reihe von Reparaturen durchgeführt und Installationen teilweise ersetzt, in verschiedenen Bereichen Renovierungsarbeiten geleistet werden. Auch Fragen der Gebäudesicherheit und etwa des Brandschutzes waren zu klären.

"Trotz der angespannten Personal- und Materiallage ist es dank der Unterstützung der regionalen Handwerksbetriebe und der Eigenleistung städtischer Mitarbeiter gelungen, nach wenigen Wochen das erste Gebäude zu übergeben", lobt OB Kaminsky alle Beteiligten. Fast alle Betriebe, welche auch schon in den Jahren 2015 und 2016 auf der Liegenschaft tätig waren und die Gebäude bereits kannten, habe man quasi "über Nacht" wieder aktivieren können, erläutert dazu Marcus Hergenröther. Nur dadurch sei die schnelle Umsetzung der Arbeiten überhaupt möglich gewesen, so Hergenröther. Einen Teil der Sanierungskosten übernimmt dabei der Bund.

Zug um Zug sollen nun in den nächsten Wochen die einzelnen Gebäude fertigsaniert und ihrer Bestimmung übergeben werden. Zielsetzung ist es, insbesondere den Familien, die bisher in Hotels oder zentralen provisorischen Unterkünften wie der Mehrzweckhalle Mittelbuchen untergebracht sind, ein akzeptables Wohnumfeld zu bieten.

Parallel zu den Sanierungsarbeiten kümmerte sich die städtische Verwaltung von "Sportsfield I" um die Möblierung der leerstehenden Räume mit dem Notwendigsten. Da derzeit in den meisten Wohnungen noch die Küchen fehlen, wurde ein Zelt angeschafft, in dem die Bewohner versorgt werden können. Das Schulgebäude und die Kindertagesstätte auf dem Gelände stehen dazu leider nicht zur Verfügung, so Hergenröther, da diese nicht mehr nutzbar und wohl auch nicht mehr sanierungsfähig sind.

Hilfe gibt es zudem über das Deutsche Rote Kreuz, das die städtische Spendenannahmestelle am Hauptbahnhof organisiert. Hier gibt es nach wie vor einen großen Bedarf zum Beispiel an Bettwäsche, Hygiene-Artikeln und diversen Dingen des täglichen Bedarfs. Diese Hilfe ist notwendig, bis die Familien in die sozialen Unterstützungssysteme eingebunden sind und sich selbst versorgen können.

Den Familien, vor allem den Kindern, könne nach den Wochen des traumatischen Leidens in Bunkern und Kellern der umkämpften Städte und den schwierigen Fluchterfahrungen wenigstens ein kleines Stück Normalität zurückgegeben werden, so Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky. Zudem biete das Areal dank der direkten Nachbarschaft zur städtischen Aufnahmeeinrichtung die notwendige Infrastruktur zum Beispiel mit Behördensprechstunden, Sprachkursen und anderen notwendigen Angeboten.

Wie lange die Geflüchteten auf Sportsfield bleiben werden, könne aber niemand sagen. Viele möchten ja baldmöglichst wieder in ihre Heimat, zu ihren Ehemännern und Vätern zurückkehren, die die Freiheit ihres Landes verteidigen. "Aber für manche ist die kurzfristige Rückkehr unmöglich", so Kaminsky, "weil es die alte Heimat – denken wir an zerstörte Städte wie Mariopul oder Butscha - schlichtweg nicht mehr gibt oder nach wie vor gekämpft wird". Was die Stadt tun könne, sei schnell, aber strukturiert, unbürokratisch und koordiniert zu helfen, so der Oberbürgermeister, und dafür sei die zeitnahe Fertigstellung von "Sportsfield II" ein gelungenes Beispiel.

Foto: Aufregend ist der Umzug vor allem für die Kinder: Für sie gab es zur Eingewöhnung vor dem großen Versorgungszelt erstmal Obst und Süßes. Sie werden künftig zwar in sehr einfach eingerichteten Wohnungen und einer ungewohnten Umgebung leben, aber sie sind in Sicherheit.
Foto: Auf Sportsfield-Housing sind die ersten Flüchtlingsfamilien, die bisher in Hotels untergebracht waren, mit ihren wenigen Habseligkeiten eingezogen.
Quelle: Stadt Hanau


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