Langenselbold: Geruch der feuchten Wolle, der von Lebendigem erzählte

Langenselbold
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Regen und Sonne wechselten sich ab bei der "24-29-3-45 Kollektive Performance" anlässlich des 78. Jahrestages des Todesmarsches der Häftlinge aus dem KZ „Katzbach“/Frankfurt durch Langenselbold nach Hünfeld. Immer wieder zog in Langenselbold der Himmel auf, schien die Sonne warm, glänzten Regentropfen auf dem dunklen Filz der Figuren. Bis die nächste Wolke kam und die Teilnehmenden ihre Regenschirme aufspannten oder ihre Kapuzen hochzogen.

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Zu Beginn um 14 Uhr standen die 45 Figuren aus Filz und Stahl auf der Straße vor dem Rathaus-Parkplatz. Kurz kam ein Wind auf und warf einige Figuren um. Welche waren nun liegende, welche stehende, welche kniende Figuren? Gar nicht so leicht, diese auseinanderzuhalten. Zur Performance kam in Vertretung des Generalkonsuls der Republik Polen, Jakub Wawrzyniak, Vizekonsul Jan Krzymowski. Insgesamt hatten sich etwas über 100 Teilnehmende eingefunden, darunter die Landtagsabgeordneten Christoph Degen (SPD) und Max Schad (CDU). Noch immer regnete es. Der Lautsprecher der tragbaren Mikrofonanlage war von Mitinitiator Christoph Sack mit einer Plastiktüte bedeckt worden, über das Buch zum Eintragen hatte jemand einen Regenschirm gelegt.

Eine bewegende Ansprache zu Beginn hielt Monika Kühn-Bousonville (Grüne), ehrenamtliche Kreisbeigeordnete, in Vertretung von Landrat Thorsten Stolz (SPD). Dann begann die Performance, in Stille. Und wieder ganz anders als bislang in den anderen Städten trugen die Teilnehmenden in Langenselbold die Figuren: Viele nahmen eine Figur und ließen sie nicht mehr los. Manche trugen eine Figur zu zweit.

Die Idee der Performance, eine Figur nur jeweils ein Stück weit zu tragen, dann abzusetzen und anderen das Tragen zu ermöglichen, verschwand in Langenselbold fast ganz. Es setzte sich eine Art Zug mit den 45 Figuren in Bewegung. Immer wieder nach einigen Metern hielten alle inne, setzten die Figuren ab. Der Impuls fürs Weitergehen kam jeweils von unterschiedlichen Menschen, aus dem Kollektiv heraus. Plötzlich kam wieder die Sonne heraus. Manche Teilnehmenden berichteten später von dem Erlebnis, die Wärme der Sonne im Rücken gespürt zu haben, vor sich die regennassen Figuren in der Hand. Jemand sprach vom Geruch der feuchten Wolle, der von Lebendigem erzählte.

Zahlreiche Gebäude standen schon 1945 an dieser Straße. Auch deren Mauern sahen damals, was geschah. Die Teilnehmenden der Performance begleiteten die Figuren, ließen sie kaum alleine stehen oder liegen, waren mit ihnen auf dem Weg. Beim Anheben und Absetzten der Figuren kratzte das Metall auf dem Asphalt. Langes gemeinsames Stehen, Nachsinnen. Manche Figuren wurden verdreht getragen, die Gesichter schauten zurück. Ein Teilnehmer trug eine liegende Figur wie eine Stehende, konnte, wollte sie vielleicht nicht wieder ablegen. Die Ansprache zum Beschluss der 24-29-3-45 Kollektiven Performance hielt Werner Fromm, Vorsitzender des Sozial-, Kultur- und Vereinsausschusses der Stadt Langenselbold. Klar verorteten sich die Schlussworte "Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus" inmitten der Kreuzung Hanauer Straße/Ecke Steinweg. Eine Weile blieben die Teilnehmenden noch zusammen, Gespräche entstanden. Die letzten Besucher verabschiedeten sich gegen 16.30 Uhr.

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Von links: Christof Sack, Jan Krzymowski, Ulrike Streck-Plath, Monika Kühn-Bousonville, Werner Fromm.


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