Frühlingstour durch einen ganz besonderen Wald

Linsengericht
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„Immer an der Grenze entlang“ – so lautet das Motto der „Linsengerichter Grenzwanderungen“, zu denen der SPD-Ortsverein Linsengerichts erstmals im Mai 2018 eingeladen hatte.

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Naturparkführer Willi Bechtold führte in drei Etappen interessierte Mitwanderer vom Hufeisen in die Lützel, an die Südgrenze der Gemeinde und schließlich iin den äußersten Westen. Mit der 4. Etappe stand nun die Ostgrenze bevor, die nach einem ordentlichen Anstieg vom Gelände des Tennisclubs Rot-Weiss 1973 e.V. in den „Wingerten“ zwischen Altenhaßlau und Eidengesäß hinauf zum 291 Meter hohen „Totenkopf“ und über den Galgenberg bis zum Ziel, dem Dorfkrug in Eidengesäß, den Wald nicht mehr verließ. An der Strecke: die Edelweiß-Hütte und beim Abstieg die „Kunst im Wald“, ein Wegestück, an dessen Rändern sich kreative Menschen mit ihren vielfältigen Kunstobjekten präsentieren. Doch im Mittelpunkt dieser Tour stand die besondere Geschichte des Linsengerichter Gerichtswalds, der als von allen Ortsteilen gemeinschaftlich bewirtschafteter Kommunalwald einzigartig in Deutschland ist.

Nach einer herzlichen Begrüßung durch SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Hans Jürgen Wolfenstädter erläuterte Willi Bechtold zunächst anhand einer regionalen Karte, warum es bei den Grenzwanderungen doch nicht „immer an der Grenze entlang“ gehen kann: „Den Grenzbereich zwischen Altenhaßlau und Gelnhausen mussten wir aussparen. Hier hindern uns die Bahnlinie sowie die Kinzig daran, die Grenze auch nur annähernd abzuwandern.“ Dafür belohnte der erste Anstieg hinauf in den Gerichtswald mit einem freien Panoramablick hinüber auf die Gelnhäuser Stadtkulisse und das Kinzigtal.

„Wir haben diese Etappe bewusst ins Frühjahr gelegt, denn zu dieser Jahreszeit erleben wir einen wunderbar hellen Wald mit seinem frischen Grün, durch das hindurch zu wandern viel Freude bereitet“, erklärte Bechtold und freute sich gemeinsam mit seinen Mitwanderern über das herrliche Frühlingswetter mit viel Sonne. Die nächsten Kilometer gehörten dann der außergewöhnlichen Historie des Linsengerichter Gerichtswaldes, die zurückgeht in die fränkische Zeit etwa 800 n.Chr. Damals gründeten die kleineren Siedlungen der Gemarkung eine „Märkergenossenschaft“, die in Gemeinschaft die angrenzende Feldflur und den gesamten Wald bewirtschaftete. Einer historischen Quelle zufolge wurde bereits zu dieser Zeit die Nutzung „gerecht unter den Bewohnern“ aufgeteilt. Seit dem 17. Juni 1828 ist der gesamte Wald im Grundkataster von Großenhausen eingetragen; allerdings mit den gleichberechtigten Besitzern Altenhaßlau, Eidengesäß, Geislitz, Großenhausen und Lützelhausen. Diese „Waldgemeinschaft“ am Nordrand des Spessarts hat bis heute Bestand und gilt als Besonderheit unter den deutschen Waldgesellschaften.

Vorbei an der Edelweiß-Schutzhütte wandte sich die Wandergruppe Richtung Westen hinauf zur 347 Meter hohen Breitenborner Höhe, dem weithin bekannten Waldwegekreuz zwischen Eidengesäß und Breitenborn. Für den Abstieg hinunter nach Eidengesäß hatte Willi Bechtold die Strecke entlang des „Kunst im Wald“-Weges ausgewählt, ebenfalls eine Besonderheit im Linsengerichter Gemeindegebiet. Rechts und links des Weges gibt es die unterschiedlichsten Kunstobjekte zu entdecken. Hier kunstvoll gestaltete Keramikfiguren, dort spontan aus Ästen und Fichtenzapfen erbaute kleine Plastiken. Ein Erlebnis für’s Auge, das Konzentration erfordert, denn nicht alle Plastiken lassen sich sofort entdecken, sondern verstecken sich vielmehr zwischen Waldgräsern und Ästen.

In der Gaststätte Dorfkrug der Wirtsleute Karin und Jürgen Kaiserseder klang diese 4. „Linsengerichter Grenzwanderung“ bei einem schmackhaften Mittagessen aus, wobei die jahrhundertealte Geschichte des Linsengerichter Gerichtswaldes noch für viel Gesprächsstoff sorgte.

Mit Spannung wird bereits die 5. und letzte Etappe der „Linsengerichter Grenzwanderungen“ erwartet. Hans Jürgen Wolfenstädter und Willi Bechtold laden dazu alle Interessierten für Sonntag, 19. Mai 2019, ein. Ausgehend vom Hufeisen verläuft diese Strecke über die Lützel, an Breitborn vorbei bis in den östlichsten Teil des Gemeindegebiets bei Lanzingen und wieder hinauf zur Breitenborner Höhe. Eine spannende, aber auch anstrengende Tour von etwa acht Kilometern mit noch einmal neuen Einblicken in das Linsengerichter Grenzgebiet.

Foto: Besonders bei schönem Wetter ein wunderbarer Ausblick über die Gelnhäuser Stadtkulisse und das Kinzigtal zu Beginn der 4. Etappe der „Linsengerichter Grenzwanderungen“. Sie startet in den „Wingerten“ zwischen Altenhaßlau und Eidengesäß und führt steil hinauf in den „Gerichtswald“.


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