Evangelische Martinskirche: Zeitzeugin seit dem 12. Jahrhundert

Altenhaßlau
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Am 1. Advent 2019 war es endlich so weit: Nach aufwändigen Sanierungsarbeiten weihte Beate Hofmann, Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck während eines festlichen Gottesdienstes die Evangelische Martinskirche in Altenhaßlau wieder ein.

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Gerne empfängt heute Gemeindepfarrer Hans Joachim Imhof interessierte Besucher, um mit viel Begeisterung über die vom Landesdenkmalamt fachlich begleitete Renovierung „seiner“ Kirche zu berichten und das Resultat zu präsentieren. Nun hatte er Mitglieder des SPD-Ortsvereins Linsengericht sowie die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Müller zu Gast. Ihnen gewährte Imhof nicht nur einen detaillierten Einblick in den Verlauf der Außen- und Innenarbeiten an dem spätromanischen Mittelpunk des Ortes, sondern ließ die Jahrhunderte alte Geschichte des Gotteshauses Revue passieren.

SPD-Ortsvereinsvorsitzender Hans Jürgen Wolfenstädter konnte im Kirchhof zahlreiche Linsengerichter Genossinnen und Genossen, darunter Bürgermeister Albert Ungermann und Erster Beigeordneter Helmut Bluhm begrüßen. Er dankte dem SPD-Ortsbeiratsmitglied Erhard Hartmann, der den Kontakt zur Kirchengemeinde hergestellt hatte. Bettina Müller kam mit einem ganz besonderen Anliegen: Im Vordergrund standen für sie die von Pfarrer Imhof Schritt-für-Schritt dargestellten Sanierungsmaßnahmen, denn die Evangelische Kirche in Flörsbach, Heimatgemeinde Müllers, ist seit 2016 wegen massiver Schäden geschlossen und muss dringend saniert werden.

Dass ihm die Kirche während der langwierigen Arbeiten „ans Herz gewachsen“ ist, spürten die Zuhörer während des gesamten, etwa einstündigen Vortrags des Pfarrers. Und er konnte von einigen Überraschungen berichten, die sich während der Sanierung auftaten. So glaubten die Altenhaßlauer beispielsweise Jahrhunderte lang, dass der älteste Gebäudeteil - der Kirchturm - aus dem Jahr 1230 stammte. Doch mittlerweile weiß man: Das Kirchenschiff ist rund 100 Jahre älter und weist noch heute Putzreste von 1150 auf. Was auch Vielen nicht bekannt war: Die Altenhaßlauer Martinskirche ist ein „kleiner Mitbau“ der Gelnhäuser Marienkirche, wurde also vom selben Baumeister parallel zur „großen Schwester“ in der Barbarossastadt errichtet.

Behutsam und akribisch orientiert an den Vorgaben der Denkmalschützer waren umfangreiche Arbeiten beim Außenputz und im Kircheninneren erforderlich, berichtete Pfarrer Imhof seinen Zuhörern. Neue Eichenbalken wurden eingezogen, der Bitumenbodenbelag aus dem Jahr 1958 wurde durch Sandsteinplatten ersetzt und damit an die noch vorhandenen alten Platten angepasst. Der Betonaußenputz, der keine Feuchtigkeit durchlässt, wurde abgeschlagen und durch einen Kalkputz ersetzt. Auch im Innenbereich wurden die Wände gekalkt, die schwierige Frage der Farbgebung der Empore schließlich ganz einfach gelöst: Angepasst an die vom ortsansässigen Orgelbauer Schmidt erbaute Orgel wurden die farbigen Emporenhölzer mit einer Bierlasur aus bayerischem Bockbier überzogen und strahlen nun Ruhe und Lebendigkeit zugleich aus.

Zum eindrucksvollen Ereignis wurde während der Wiedereinweihung die Öffnung der viele Generationen geschlossenen zweiflügeligen Barocktür hinter dem Altar. Pfarrer Imhof: „In unserer Kirche finden 300 Menschen Platz. Viel zu viele für die einzige Ein- und Ausgangstüre im hinteren Teil des Kirchenschiffs. Jetzt haben wir nicht nur mehr Sicherheit, sondern bei geöffnetem Portal einen schönen Ausblick auf den alten Friedhofsteil und die Kirchenmauer.“ Dieser Außenbereich Richtung altes Rathaus wird die nächste „Baustelle“ an der Martinskirche, so Imhof. Geplant ist ein kommunikativer Ort mitten im Dorf, mit schattenspendendem Baum und Bänken. Ein begrüntes wetterfestes Metallkreuz, das die Inschrift „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ tragen wird, soll Mittelpunkt dieser künftigen Begegnungsstätte werden.

Nachdem Pfarrer Imhof noch viele gestalterischen Neuheiten im Kircheninneren erläutert hatte, führte er seine Zuhörer durch die Geschichte des Gotteshauses. Altenhaßlau gehörte zur Grafschaft Hanau-Münzenberg, das sich nach der Reformation Anfang des 16. Jahrhunderts dem lutherischen Glauben anschloss. Doch Graf Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg setzte 1597 eine zweite Reformation durch und schloss seine Landeskirche der reformierten Konfession an. Damit erfuhr die Martinskirche einen Wechsel von Lutherisch zu reformiert und schließlich zurück zum lutheranischen Glauben.. Um beiden protestantischen Kirchenströmungen gerecht zu werden, wurde das ehemalige Jagdzeughaus des Hanauer Grafen Johann Reinhard III. – ebenfalls mitten im Ort gelegen – im Jahre 1726 als „Reinhardskirche“ zum lutherischen Gotteshaus. 1818 kam es zur Vereinigung der beiden Kirchenströmungen; die Martinskirche wurde die „Sommerkirche“, weil sie keine Heizung hatte, die Reinhardskirche war Gotteshaus im Winter, weil dort geheizt werden konnte. Erst 1961 wurde die Martinskirche schließlich das einzige evangelische Gotteshaus in Altenhaßlau. Aus der Reinhardskirche wurde zunächst ein Jugendhaus; heute ist sie Gemeindehaus.

Dass die rund 900 Jahre alte Martinskirche mitten in Altenhaßlau mit der umfangreichen Sanierung nun präpariert werden konnte für die nächsten Jahrhunderte – und damit für die nächsten Generationen - war nicht zuletzt dem Förderverein Martinskirche Altenhaßlau zu verdanken, der sich 2009 gründete mit dem Vereinsziel, die Kirche zu restaurieren und für die nächsten Generationen zu erhalten. 120.0000 Euro an Spendengeldern konnten in den Kirchenerhaltungsfonds eingebracht werden, der diese Summe verdoppelte, so dass 240.000 Euro für die Restaurierungsarbeiten zur Verfügung standen.

Hans Jürgen Wolfenstädter dankte Pfarrer Imhof für seine lebendige Vorstellung der alten und neuen Martinskirche: „Wir schauen uns diesen historischen Mittelpunkt unseres Ortsteils Altenhaßlau mit ganz anderen Augen an und sind uns bewusst, welches historische Zeitzeugnis nun für die nächsten Jahrzehnte mit Sorgfalt und Professionalität gesichert werden konnte. Und wir freuen uns auf die Fertigstellung des Außenbereichs, der zur innerdörflichen Kommunikation ganz sicher beitragen wird.“

Foto: Pfarrer Hans Joachim Imhof stellte mit sichtlicher Begeisterung der SPD-Bundestagsabgeordneten Bettina Müller, die von Mitgliedern des SPD-Ortsvereins Linsengericht begleitet wurde, das Ergebnis der umfangreichen Sanierungsarbeiten und die spannende Geschichte der Martinskirche Altenhaßlau vor.


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