Vortrag: Der Kulturapfel

Maintal
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Der Arbeitskreis Streuobst Maintal, die Stadt Maintal und der Landschafts-pflegeverband luden zu einer Vortragsveranstaltung mit Verkostung ein.



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Da staunten die Besucher nicht schlecht: eine Apfelverkostung im Mai? Josef Weimer brachte einige Apfelsorten aus der letztjährigen Ernte mit, die – wenn sie richtig gelagert wurden - um diese Jahreszeit noch äußerst schmackhaft sind. Alle Besucher durften vom Glockenapfel, Zabergäu Renette, Rotem Berlepsch, Ontario und Trennfurter Renette naschen. Ebenso standen Apfel-, Birnen und Quittensaft zur Verkostung bereit, eine rege Diskussion um Geschmacksfragen zu den einzelnen Apfelsorten und die jeweiligen Favoriten schloss sich an.

Josef Weimer spannte in seinem anschließenden Vortrag einen weiten Bogen von den ersten vom Menschen nachweislich genutzten Wildfrüchten des Apfels über den Obstbau in Streuobstweisen – den Landschaftsobstbau - bis zu heutigen Produktionsmethoden für Tafeläpfel mit all ihren auch giftigen Nebenerscheinungen. Er führte aus, dass der Ursprung des Wildapfels, die archaischen Formen, vor ca. 60 Millionen Jahren in Südostasien auszumachen ist. Die Früchte waren klein und hatten kaum Süße. Die Blätter hatten eine andere Gestalt als die heutigen Apfelblätter, sei waren eher wie Weißdorn gelappt. Die Pflanzen konnten große Klimabandbreiten aushalten, sie wuchsen sogar noch bis auf eine Höhe von 4000m ü. NN. Die ursprünglichen Apfelformen waren selbstfruchtbar und hatten eine große genetische Variationsbreite, aber immer noch meist sehr kleine, relativ saure und verholzende Früchte.

Die Vorfahren unserer Äpfel stammen aus dem Kaukasus. Josef Weimer hat eine Sammlung von Wildapfelbäumen und konnte einige der Früchte von diesen Bäumen bei der Veranstaltung zeigen. Vor ca. 2000 Jahren begann der Mensch mit seiner züchterischen Arbeit und der Veredelung von Apfelbäumen, gewünscht waren größere und süßere Früchte. Von den Griechen übernahmen die Römer diese Fertigkeiten und Kenntnisse. Mit den Römern kamen das Wissen, die Techniken und viele Sorten nördlich der Alpen bei uns an. Große Wirkung im Fortgang der Sortenentwicklung hatten dann mittelalterliche Klöster als Träger des Kulturgutes Obstanbau. Im 19.und 20 Jahrhundert fand der Obstbau als sogenannte Streuobstwiesen in großem Stil den Weg in die offene Landschaft. Hoch effektive Doppel- oder Dreifachnutzung der Streuobstflächen (Wiese, Beersträucher und Obstbäume oder Acker und Streuobstbäume) ergaben den Eigentümern ein gutes Auskommen. Die Entwicklung ging dann ab Mitte des 20. Jahrhunderts zum Plantagenobstbau mit nur sehr wenigen weltweit angebauten Sorten hin. Verbunden damit ist ein großer Einsatz von chemischer Düngung und Pestiziden.

Am Beispiel des Obstbaus wies Josef Weimer auf unsere grundsätzliche Probleme in der heutigen Zeit hin: „die Globalisierung der Lebensmittel mit allen Konsequenzen ist eine große Belastung unserer Umwelt und der Menschen, die in dieser Produktion arbeiten. Eine Regionalisierung stellt den Ausweg dar“. Aber auch ein museales Betrachten der Streuobstfläche kann nach Josef Weimer eine Gefahr bedeuten: „Wir brauchen ein gesundes Maß von allem: Die Produktivität ist ein wichtiges Kriterium bei der Pflege und Erhaltung von Streuobstbäumen und sollte es auch bleiben. Aber die Funktionen für die Allgemeinheit sind zu beachten und wert zu schätzen: die Schönheit der Streuobstwiesen, ihre Luft reinigende Wirkung gerade um Siedlungen und ihr Rolle als Lebensraum für Pflanzen und Tiere in außerordentlicher Vielfalt. Wichtig ist es, dass wir Menschen in Beziehung mit den Bäumen treten, wenn wir sie erhalten und pflegen.“

Viele der Besucher kannten Josef Weimer schon aus seiner jahrelangen Lehrtätigkeit in der Ausbildung zum „Landschaftsobstbauer“ beim Landschaftspflegeverband Main- Kinzig Kreis und anderen Organisationen. Der an den Vortrag anschießende fachliche Austausch war rege und inspirierend.


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