Steinau: Tränenreicher Prozessauftakt im Mordfall Marjoß

Wegen eines Weinkrampfes des Angeklagten – hier mit einem Aktenordner vor dem Gesicht – musste der Prozess unterbrochen werden. Foto: Ulrich Schwind

Marjoß
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Schon nach wenigen Minuten musste der Marjosser Mordprozess vor der 1. Großen Strafkammer als Schwurgerichtskammer des Landgerichts Hanau unterbrochen werden. Staatsanwalt Oliver Piechaczek hatte gerade begonnen, die Anklageschrift vorzutragen und den Namen der Getöteten verlesen, als der 40-jährige Angeklagte in einen Weinkrampf verfiel. Nachdem er sich etwas beruhigt hatte, dann nach zehn Minuten der zweite Versuch.

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Die Staatsanwaltschaft Hanau wirft dem Angeklagten vor, am 8. Juni vergangenen Jahres frühmorgens gegen 0.10 Uhr aus Eifersucht seine im gemeinsamen Schlafzimmer ruhende 32-jährige Ehefrau mit einem sogenannten Santokumesser – ein scharfes japanisches Küchenmesser – mit sechs Schnitten im Rückenbereich und zwei Stichen in die linke Vorderseite des Brustkorbes so schwer verletzt zu haben, dass sie noch vor Ort starb. Außerdem traktierte er sie mit einem etwa zweieinhalb Kilo schweren Pflasterstein gegen den Kopf.

Das afghanische Ehepaar war mit den drei Kindern im Alter von 13, 11 und acht Jahren Mitte Dezember 2022 einer Asylunterkunft in der Bad Orber Straße in Steinau-Marjoß zugewiesen worden, wo sich knapp ein halbes Jahr später auch die Bluttat zutrug. In dieser Zeit hatte es nach Einschätzung des Anklägers in der Ehe stark gekriselt, weil die beiden Partner die neuen Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik unterschiedlich verarbeiteten. Die Frau habe gute Perspektiven für ihr Leben in Deutschland erkannt.

Ganz im Gegenteil der Angeklagte: Er habe zusehends Schwierigkeiten gesehen, sein patriarchalisches Weltbild hier umzusetzen. Er als uneingeschränktes Familienoberhaupt wollte seine Frau und Kinder dominieren und kontrollieren, erhob Besitzanspruch über sie, wollte sie bei Ungehorsam körperlich züchtigen. Das sei in eine große Unzufriedenheit gemündet und den Entschluss, wieder zurück nach Afghanistan zu gehen. Diesen Schritt lehnte die Ehefrau nach den Ausführungen des Anklägers ab. Mehr noch: Im Frühjahr vergangenen Jahres soll sie aus der Ehe ausgebrochen und mit einem anderen Mann eine Liebesbeziehung eingegangen sein, so der Ankläger. In dem 40-Jährigen reifte daher der Entschluss, seine Frau zu töten.

Auf Anraten seiner beiden Pflichtverteidiger verzichtete er zum jetzigen Zeitpunkt auf eine eigene Einlassung. Für den ersten Verhandlungstag war allerdings ein Zeuge geladen: Ein Mitarbeiter des Main-Kinzig-Kreises, der seit der Tat die drei minderjährigen Kinder von Amts wegen betreut. Doch zu seiner Aussage kam es zunächst nicht. Zwar hatte er eine schriftliche Aussagegenehmigung mitgebracht. Doch diese bezog sich nur auf Angaben über das gegenwärtige Befinden der Kinder. Weil das Gericht aber auch Fragen zu dessen körperlichen Zustand unmittelbar nach der Tat hat, verschob der Richter zunächst die Anhörung bis eine erweiterte Genehmigung vom Kreis vorliegt. / hd

auftaktprozessmarjoss az

Wegen eines Weinkrampfes des Angeklagten – hier mit einem Aktenordner vor dem Gesicht – musste der Prozess unterbrochen werden. Foto: Ulrich Schwind


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