Brüder Grimm waren sein Leben: Museumsleiter Burkhard Kling ist tot

Steinau
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Trauer und Bestürzung in der Brüder-Grimm-Stadt Steinau. Burkhard Kling, seit knapp 25 Jahren engagierter Leiter der beiden Museen Brüder-Grimm-Haus Steinau und Museum Steinau, ist überraschend gestorben. Der Kunsthistoriker übernahm 1998 die Leitung des von der Stadt gemeinsam mit der Brüder-Grimm-Gesellschaft gegründeten Museums Brüder Grimm-Haus. 2009 stellte er sich der Aufgabe, eine Neukonzeptionierung des Museums zu verwirklichen.

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Von Andrea Euler

Die Forschung zu den Brüdern Grimm war ebenso eines seiner Steckenpferde wie kunstgeschichtliche Themen, die den Main-Kinzig-Kreis betreffen. Klings umfangreiche Expertise sorgte dafür, dass das Brüder Grimm-Museum weltweit Aufmerksamkeit und Beachtung erfuhr. Anfragen kamen regelmäßig von Forschenden, aber auch Schriftsteller, Drehbuchautoren und Grimm-Liebhaber klopften immer wieder mit Fragen bei dem versierten Fachmann an. Bis nach Japan brachte ihn seine Fachkompetenz, der japanische Generalkonsul wiederum machte ihm im Museum seine Aufwartung.

Erst vor wenigen Tagen wurde der 60jährige Autor, der zahlreiche Fachbücher geschrieben und veröffentlicht hat, mit dem Literaturpreis „Hessischer Literaturlöwe“ ausgezeichnet. In der Laudatio des Vereins der Freunde und Förderer des Literaturlands Hessen e.V. heißt es: „Burkhard Kling begann vor 25 Jahren sein segensreiches Wirken in Steinau, wo er gleich zwei neue Museen entwickelte: Das Brüder Grimm-Haus und das Museum Steinau. Die einzige authentische Grimmstätte, das ehemalige Amtshaus, in dem die Brüder Grimm ihre Kindheit verbrachten, baute er zu einem modernen Museum aus. (…) In beiden Museen überrascht und begeistert Kling ein wachsendes Publikum, auch mit Sonderausstellungen und einem reichhaltigen Kulturprogramm, das Steinau immer wieder zu einem vielbeachteten Hotspot im Literaturland Hessen macht.“ Kling reagierte darauf dankbar: „Es tut gut zu wissen, dass man geschätzt wird“, betonte er.

Die Vielfalt, mit der Kling Leben und Werk der Brüder Grimm einem interessierten Publikum nahebrachte, begeisterte immer wieder: Ein besonderes Highlight war die Präsentation der „Six Fairy Tales From The Brothers Grimm“ von David Hockney, mit der 2008 eine „Schau der besonderen Art“ gezeigt wurde: eine einzigartige Ausstellung der 39 Radierungen nach Motiven der Brüder Grimm. Der Zyklus gehört zu den bekanntesten graphischen Werken des schillernden britisch-amerikanischen Künstlers David Hockney, wie auf der Homepage des Museums dargelegt wird. Sei es die „Schokoladenausstellung“, die Virtual-Reality-Führung, Lesungen, Ausstellungen, Theater – die Angebote, die der Fachmann zu „seinen Brüdern Grimm“ (nicht „Gebrüdern“, da war er ganz entschieden) machte, waren vielseitig und überraschend und dazu geeignet, ein möglichst großes, internationales Publikum zu begeistern. Noch drei Tage vor seinem überraschenden Tod fand zum Internationalen Museumstag eine von Kling organisierte Lesung im Brüder Grimm-Haus statt, die Pläne für neue Ausstellungen reichten konzeptionell bereits bis in das Jahr 2025.

Die Aktivitäten Klings beschränkten sich nicht auf Steinau. Seine besondere Hingabe galt auch stets seiner Heimatstadt Gelnhausen, in der er auch lebte. Wie es in seinem Wikipedia-Eintrag heißt, an dem Kling selbst mitwirkte: „1996 entwickelte er für die Stadt Gelnhausen ein Konzept für historische Stadtführungen, die zu einem anhaltenden Erfolg wurden.“ Aber auch anderweitig stellte Kling sein vielseitiges Talent unter Beweis: „Darüber hinaus engagiert Kling sich seit vielen Jahren im Bereich des Musiktheaters, wobei er sich vor allem als Dramaturg betätigt, aber auch Spielleitungen übernimmt. Unter anderem arbeitete er für das Badische Staatstheater in Karlsruhe, die Oper Frankfurt und die Hochschule für Musik und Theater Hamburg, sowie für Festivals in Heidenheim an der Brenz, Schwetzingen und Zwingenberg.“ Kling war Mitglied des Wissenschaftlichen Rats der Brüder-Grimm-Gesellschaft in Kassel, viele Jahre im Vorstand des Museumsverbands Hessen, wurde 2011 mit dem Kulturpreis des Main-Kinzig-Kreises ausgezeichnet.

Freude hatte Burkhard Kling im privaten Bereich an der Oper – und das nicht nur als Besucher. Auch als Sänger, etwa im Chor der Bad Orber Opernakademie, in der er zudem Kuratoriumsmitglied war. Und auch seine Tätigkeit als Statist und Kleindarsteller, beispielsweise für die Oper Frankfurt und sogar im Fernseh-Tatort, bereitete ihm großes Vergnügen.

Der Steinauer Bürgermeister Christian Zimmermann schreibt in einer ersten Reaktion: „Die Lücke, die aufgerissen wurde, kann nicht einfach wieder geschlossen werden. Klings Andenken wie auch sein Wirken müssen in Steinau hochgehalten werden. Wir haben eine große und großartige Persönlichkeit für Steinau an der Straße, den Main-Kinzig-Kreis und Hessen verloren.“


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