Von Wasserknappheit und selbst gebauten Flugzeugen

Wächtersbach
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Gleich zwei Titel waren es, die am zurückliegenden Dienstag abend in der Gaststätte „Kikeriki“ zu angeregten Diskussionen beim Literaturstammtisch führten.

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Jörg Dewald stellte das Jugendbuch „Joe Speedboat – Keine Zeit für Helden“ vor, während Isabell Hauschild den zweiten Teil des geplanten „Umwelt-Quartetts“ von Maja Lunde, „Die Geschichte des Wassers“ präsentierte. Mehr als zwei Stunden wurde interessiert beschrieben, interessant vorgelesen, engagiert debattiert. Wobei die beiden Titel unterschiedlicher kaum sein könnten.

Das 2005 auf Deutsch erschienene Buch „Joe Speedboat“ von Tommy Wieringa, einem in den Niederlanden preisgekrönten Jugendbuchautor, beschaffte Jörg Dewald noch in seiner Zeit als Lehrer. „Ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht, Schüler zum Lesen zu bringen, deshalb habe ich sie nicht mit den alten Klassikern gequält“, so Dewald. Das Buch habe ihn „spontan begeistert, von der Sprache, von der Erzählfreude des Autors und der Originalität der Geschichte.“ Seine Schlussfolgerung „Das ist ideal für Schüler.“

Die bestätigten die Einschätzung ihres Lehrers mit großer Begeisterung für sie skurrile Geschichte, in der eine Clique mit vierzehn- und fünfzehnjährigen Jugendlichen im Mittelpunkt steht. „Die Probleme in der Provinz“ werden anhand der Geschehnisse in einem „winzigen Dörfchen an der deutschen Grenze“ beschrieben. Schmunzelnd räumte Dewald ein, seinerzeit beim Schulunterricht nicht bedacht zu haben, dass gegen Buchende das sexuelle Erlebnis einer Jugendlichen recht ausführlich beschrieben wurde – was zu Elternprotesten führte. „Aber da war´s dann zu spät.“

Joe Speedboat, ein eigenwilliger, ungewöhnlicher Junge, der sich nichts vorschreiben lässt, findet im Rollstuhlfahrer Fransje seinen besten Freund. „Fransje hoffe, dass das einer ist, der den Spießern vor Ort eine aufs Dach gibt“, wie Dewald erklärte. Und tatsächlich kommt es zu einer Reihe von Explosionen, die Jungs bauen gemeinsam mit „Pisskumpel Engel“ ein Flugzeug aus Strottteilen. Und werden über all dem langsam erwachsen. Wozu auch ernstere Themen beitragen: Die Liebe von Joes Mutter zu einem Nubier beispielsweise, aber auch die ersten Liebesgeschichten der Cliquenmitglieder, das Thema Berufswahl und Freundschaft.

Einer ganz anderes Thematik widmete sich Isabell Hauschild: In „Die Geschichte des Wassers“ wechseln sich zwei Handlungsstränge ab: die Geschichte der fast 70jährigen Aktivistin Signe, die „dem alltäglichen ökologischen Wahnsinn auf dieser Welt“ täglich (zunächst) in Norwegen begegnet – und die Geschichte des jungen Vaters David und seine Tochter Lou, die in Frankreich 2041 angesiedelt ist. In einer Zeit, in der schon lange nicht mehr genug Trinkwasser vorhanden ist. Ein uraltes Segelboot – wie wir als Lesende wissen, gehörte es Signe – gibt der kleinen Familie wieder Hoffnung. „Das ist eine sehr berührende, schöne Geschichte, aber mit einer furchtbaren Thematik“, wie Hauschild einräumte. „Wer hat sich nicht schon aufgeregt, über das vermeintlich schlechte Wetter, über den Regen. Aber wenn man sich dann vorstellt, dass ein Kind noch nie den Klang von Regentropfen gehört hat, die auf ein Dach trommeln – das ist schon furchtbar traurig“, so die angehende Buchhändlerin.

Das Buch sei „wortgewaltig, intelligent, toll“ – und zugleich sei es „traurig, dass es Bücher über solche Themen geben muss.“ Insgesamt sei die Geschichte „total lesenswert.“ Bei „Die Geschichte des Wassers“ handelt es sich um den zweiten Teil eines geplanten Quartetts zu ökologischen Themen. Die beiden folgenden Themen sind noch nicht öffentlich bekannt.

Die folgende Diskussion drehte sich zum einen darum, „welch ein Glück war haben, jetzt zu leben, zwischen zwei Katastrophen“, aber auch darum, dass „wir diesen ökologischen und wirtschaftlichen Reichtum als selbstverständlich“ hinnehmen. „Viele flippen ja schon aus, wenn zwei Stunden What´sApp ausfällt“, kritisierte ein Teilnehmer. Die „gute Zeit, in der wir leben, wird als Standard definiert, als hätte man ein Recht darauf“, stellte eine andere fest. Über verschiedene Buchtitel, die sich mit ökologischen und wirtschaftlichen Zusammenbrüchen beschäftigen, bis hin zu Kindheitserinnerungen vom Plumpsklo im Hof reichte die weiterführende Diskussion.

Der nächste Literaturstammtisch findet am Dienstag, 9. April, wiederum um 20 Uhr im Nebenraum des „Kikeriki“ statt. Gäste sind herzlich willkommen.


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