Grüne: Stadtverordnete schicken sich selbst in Zwangspause

Wächtersbach
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Am 3. November 2019 wird in Wächtersbach ein neuer Bürgermeister gewählt.

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"Bis dahin sollen unliebsame Themen offensichtlich nicht öffentlich zur Sprache gebracht werden", zeigen sich die Mitglieder der Grünen Bürgerliste über "das Gebaren der Wächtersbacher SPD" sehr erstaunt. "Seit mehreren Monaten recherchieren die Grünen zu den zwar trocken klingenden, in der Sache aber sehr wichtigen und spannenden Themen Bauleitplanung und Regionalplan Südhessen. Der Regionalplan Südhessen wird derzeit vom Regierungspräsidium Darmstadt neu formuliert und aufgestellt. Darin enthalten sind die von den betroffenen Kommunen angestrebten Maßnahmen im Rahmen der Bauleitplanung. Auch die Vorgaben zum Klimaschutz und Erhalt von Landschaft und Natur sind hier festgeschrieben. Der neue Regionalplan geht nun in die Vorlage. Dies bedeutet, dass die Stadt Wächtersbach im kommenden Jahr ihre neuen Planungsvorstellungen zur Einarbeitung in den Regionalplan vorbereitet haben muss. Dieses Vorhaben ist für die nächsten 10 Jahre von enormer Tragweite für die Gesamtstadt Wächtersbach und seine Stadtteile und bedarf daher einer wirklich gründlichen Vorbereitung", heißt es in einer Pressemitteilung.

„Wenn wir jetzt aus der Zeitung erfahren, dass der Stadt mittlerweile ein Entwurf des regionalen Entwicklungsplans zur Stellungnahme zugeschickt wurde und dem Magistrat bereits vorgestellt wurde; wenn wir weiter erfahren, dass nun ein Fachbüro eine Stellungnahme ausarbeiten soll, dann lässt uns das - gelinde gesagt - sehr verblüfft zurück. Wurde dieses Büro bereits beauftragt? Wenn ja, mit welchem Ziel und welchen Vorgaben?“, fragt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Eva Bonin, im Vorfeld der Stadtverordnetenversammlung. Und weiter: „Die Arbeit des Magistrats ist anzuerkennen. Dass aber die wichtigsten Entscheidungen für diese Stadt in diesem kleinen Kreis ohne jegliche Beteiligung des Bau- und Planungsausschusses, des Haupt- und Finanzausschusses, der Stadtverordneten und der Öffentlichkeit getroffen werden, ist aus unserer Sicht schlichtweg falsch. Bevor ein externes Unternehmen beauftragt werden kann, müssen die Ausschüsse und die Stadtverordneten ihre Arbeit tun. Das ist ihr Recht und auch ihre Pflicht.“

In der Pressemitteilung heißt es weiter: "Aus diesem Grund brachten die Grünen zur Sitzung zwei weitreichende Anträge ein. Beide hatten zum Ziel, die völlig überholten Pläne aus dem Jahr 1999 endlich der Realität anzupassen bzw. gut gerüstet ins kommende Jahr zu gehen. Umso bedauerlicher ist es nun aus Sicht der Bürgerliste, dass durch einen Winkelzug der Mehrheitspartei die Diskussion in der Öffentlichkeit erst gar nicht geführt wurde. Noch bevor sich die Antragsteller zur Sache äußern durften, erteilte der Vorsitzende dem Fraktionsführer der SPD, Harald Krügel, das Wort. Dieser forderte, dass man die Anträge ohne weitere inhaltliche Auseinandersetzung in den Ausschuss verweisen sollte. Dort hätte man mehr Zeit, sich damit zu befassen."

Tatsächlich sei diese Diskussion jetzt aber bitter nötig, erläutert Bonin. „Die Recherche der Grünen hat weitreichende Fehler und Versäumnisse in den vergangen Jahren zu Tage gefördert.“ Die Bauleitplanung habe eine hohe Bedeutung für alle Bürger, da entweder Bauleitpläne aufgestellt werden würden oder schon vorhanden seien oder fortgeschrieben werden müssten. Es sei zum Beispiel zwingend vorgeschrieben, dass in Bebauungsplänen Flächen, auf denen Altlasten vermutet werden, gekennzeichnet seien. Fehlen diese Kennzeichnungen, sei der Bebauungsplan anfechtbar. Gemeinden, die im Flächennutzungsplan für Flächen ökologische Festsetzungen getroffen hätten, würden durch die Flächennutzungsplanung gerichtliche Ansprüche besitzen, um sich gegen einen späteren Straßen- oder Schienenwegebau zur Wehr zu setzen.

Die Grünen erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass die Stadt jüngst erst ein Gutachten an eine externe Firma in Auftrag geben musste, in dem bestimmte Schutzgüter identifiziert wurden, um sie in die Trassenplanung der Bahn einzufügen. Bereits der Regionalplan Südhessen 2000 habe Teile des Wächtersbacher Flächennutzungsplans aus dem Jahre 1999 und der Bebauungspläne überholt. In der jüngeren Vergangenheit seien deshalb in Wächtersbach in der Bauleitplanung immer wieder gravierende Fehler gemacht worden: "Beim Bebauungsplan Herrenweide beispielsweise war nicht berücksichtigt worden, dass hier ein Grünzug verlief. Dieser Grünzug war im Regionalplan gekennzeichnet, nicht aber im überholten Flächennutzungsplan. Das machte eine Nachbesserung im Parallelverfahren notwendig. Mehr als ein Jahr verzögerte sich das Projekt; es entstanden erhöhte Kosten; die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen sorgten bei Betroffenen für großen Unmut. Im Vorhaben Rotgartenstraße in Aufenau wurde der Status Landschaftsschutzgebiet aus dem Regionalplan Südhessen nicht berücksichtigt. Auch hier war eine Nachbesserung im Parallelverfahren erforderlich, was eine Verzögerung von mehr als einem Jahr und zusätzliche Planungskosten bedeutete. Im Rahmen der Bauleitplanung für das Gebiet 'Kirchberg Aufenau' wurde seitens der Stadt vor Jahren ein Plankonzept für 18 weitere Bauplätze ausgearbeitet. Dort, wo das neue Baugebiet hätte entstehen sollen, wurde durch Fehler in der Genehmigung ein Wohnhausneubau zugelassen. Das Bauvorhaben wurde im Nachhinein durch eine Abrundungssatzung rechtlich legalisiert. Die für Aufenau so wichtigen neuen 18 Bauplätze sind aber nun nicht mehr möglich", so die Grüne Bürgerliste.

Andere Dinge seien wahrscheinlich formal korrekt abgewickelt, aber nicht minder gravierend. Nach Auffassung der Grünen hätten diese Dinge aufgrund ihrer Größenordnungen und Auswirkungen auf das jeweilige Umfeld zumindest in dem zuständigen Ausschuss behandelt werden müssen. Am Rande des Gewerbegebiets in der Innenstadt sei ein neues Betriebsgelände in einem Schutzgebiet entstanden. Eine damals geschaffene Ausgleichsmaßnahme sei eine Fläche unmittelbar neben dem Betriebsgelände gewesen. Eben jene Fläche sei nun abweichend vom Bebauungs-Plan durch eine Großhalle überbaut worden.

"Schutzgebietsflächenverlust hier: mehr als 5.000 m². In der Rotgartenstraße in Aufenau wurde ein Schutzstreifen von etwa 1.800 m² abweichend vom Bebauungs-Plan mit einer Halle überbaut. Der regionale Raumordnungsplan – in diesem Fall also der Regionalplan Südhessen – bildet die Grundlage aller raumordnenden Maßnahmen in Wächtersbach, und zwar bis zum Jahr 2030. Deshalb muss mit der Arbeit jetzt begonnen werden. Hierzu gehört vorrangig die Information und Beteiligung aller Entscheidungsträger.“, stellt Bonin fest.

Mit der Mehrheit von SPD und CDU sei jetzt in der Sitzung des Parlaments beschlossen worden, diese Themen abschließend im kleinen Kreis zu beraten. „Vermutlich wird der entsprechende Ausschuss erst nach der Bürgermeisterwahl tagen. Die Themen brennen aber. Dass nun kostbare Zeit auf dem Rücken der Bürger verloren geht, ist aus unserer Sicht ein Skandal, der einen anderen Skandal überdecken soll“, so Bonin abschließend.


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