Freunde Frankreichs zum Picknick im Schlosspark

Wächtersbach
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Die Freunde von Châtillon, Vonnas und Baneins, die Freunde von Guilherand-Granges aus Bad Soden-Salmünster und der Altstadtförderverein Wächtersbach ziehen Bilanz eines bemerkenswerten Nachmittags.

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Letzterer hatte Marianne Leschinger, die in Wächtersbach die Verschwisterung mit den französischen Partnerstädten seit vielen Jahren maßgeblich am Laufen hält, zum Stammtisch "mit Charakterköpfen" eingeladen. Bei diesem einen "Charakterkopf" blieb es aber an diesem sonnigen Nachmittag am 16. Juli nicht. Vielmehr erschienen vom Wächtersbacher Verschwisterungsverein so gut wie alle, die sich in diesem Verein in irgendeiner Form aktiv einbringen. Eine besondere Freunde für beide Wächtersbacher Vereine war es aber, gleich vier aktive Mitglieder des Verschwisterungsvereins aus Bad Soden-Salmünster im Schatten der Weide vor der Rentkammer begrüßen zu können, darunter den Vorsitzenden Frank Kleespies. So bereicherten sich die Sichtweisen aus beiden Städten, die in einer sehr regen, engagierten und qualifizierten Diskussion ausgetauscht wurden.

Wächtersbach ist seit 1963 mit Châtillon-sur-Chalaronne verschwistert. Am Ursprung der Verschwisterung stand ein Austausch der Schulen. Begründet wurde sie schließlich von den Bürgermeistern Raymond Sarbach und Heinrich Heldmann sowie den Lehrern Hannskarl Zedler und Max Huguet. Legendär wurde der "Weihnachtszug", der noch vor Abschluss des Verschwisterungsvertrags aus Châtillon in Wächtersbach eintraf. Eine Fahrt ins fremde Deutschland war schließlich nur gut 15 Jahre nach dem Krieg noch ein echtes Wagnis, erst recht für junge Leute. Umgekehrt war auch eine Fahrt nach Châtillon damals noch nicht selbstverständlich. 1978 wurde schließlich der Verschwisterungsverein gegründet. Gründungsvorsitzender war Matthias Scheuß. Zweck des Vereins war und ist ausdrücklich bis heute, die Verschwisterung nicht nur auf dem Papier bestehen zu lassen und den Austausch auf die politische Ebene zu beschränken,  sondern sie mit Leben zu erfüllen und die Bevölkerung teilhaben zu lassen. 1998 traten schließlich Vonnas und Baneins der Verschwisterung bei.

Kern der Verschwisterung ist unverändert der Schüleraustausch, wobei insgesamt drei Schulen in Vonnas und Châtillon mit der Wächtersbacher Schule zu koordinieren sind, was bisweilen in einer Sisyphus-Arbeit mündet. Hinzu kommt das Problem, dass in beiden Ländern zunehmend Spanisch gelernt wird anstatt Deutsch bzw. Französisch. Die Freunde von Châtillon, Vonnas und Baneins haben sich deshalb zum Ziel gesetzt, den Deutschunterricht in den Partnerstädten zu fördern. Bad Soden-Salmünster hingegen ist erst seit 25 Jahren mit Guilherand-Granges verschwistert. Beide Verschwisterungsvereine sind aber mit rund 150 Mitgliedern etwa gleich groß. Wie auch die Gäste aus der Nachbarstadt anmerkten, darf eine solche Verschwisterung nie für selbstverständlich genommen werden und bedarf ständiger Pflege. Jede einzelne Aktivität stehe und falle mit den richtigen Personen an den richtigen Scharnierstellen.

Ein ständig diskutiertes Thema in den beteiligten Vereinen ist, wie man die Jugend an den Verein heranführt. Hier erweiterte Frank Kleespies den Blick: Es gehe nicht lediglich darum, aus Sicht der Ü-50-Generation die Jugend an den Verein heranzuführen. Vielmehr muss es darum gehen, in jedem Alter die Leute durch entsprechende Angebote abzuholen. Das gilt also für Menschen in der Lebensmitte, aber auch für Jugendliche, die z.B. elektronische Medien wie selbstverständlich nutzen. In Bad Soden-Salmünster habe man damit gute Erfahrungen gemacht. Dementsprechend trifft die Verschwisterung in der Nachbarstadt auch auf mehr jugendliche Resonanz. Auch in der Nachbarstadt ist den Akteuren jedenfalls wichtig, die Verschwisterung als eine Sache der Bevölkerung zu organisieren, unabhängig von der Politik. Wichtig ist es, Leuten, die sich engagieren möchten, Hemmschwellen zu nehmen. In beiden Städten bieten die Vereine Französisch-Kurse an und bieten so ein zusätzliches attraktives Angebot, sich der Kultur des Nachbarlandes zu nähern. Wichtig ist aber beiden Vereinen hervorzuheben, dass ehrenamtliches Engagement keine Vorbildung braucht, auch keine Sprachkenntnisse.

Jedoch sollen nicht nur die Verschwisterungsvereine am Austausch teilnehmen. Der Austausch mit den anderen Vereinen funktioniert in beiden Städten gut, wird in der Nachbarstadt noch durch den "Vereinsring" unterstützt. Wie ist die Zukunftsperspektive der Verschwisterungen mit dem Nachbarland? Müssen wir uns evtl. auch hier auf schwierigere Zeiten einstellen
Die allgemeine Stimmung der Frankreich-Kenner ist in beiden Städten optimistisch. An den Klischees sei zweifellos etwas dran. In Frankreich bewundert man Deutschland regelmäßig für die gute Organisation, das konsensorientierte politische und erfolgreiche marktwirtschaftliche Modell. Umgekehrt dürfe man sich diesseits des Rheins ruhig mal eine Scheibe von der französischen Lebensart abschneiden, nicht nur vom Improvisationstalent der französischen Freunde. Das allerdings muss man den "Wächtersbacher Franzosen" keine zwei Mal sagen. So kreisten während der Diskussion Crémant, Wein und französische Naschereien. Abgeschlossen wurde der Nachmittag mit einer spontanen Runde Boules.

Der Nachmittag wurde untermalt von dem in Hörweite stattfindenden Jubiläumsfest des Musikzugs. So waren viele Besucher aus nah und fern im Schlosspark unterwegs. Die eine oder der andere wagte einen Blick in den Gartensaal und bewunderte seine Gemälde. Hier konnte der Altstadtförderverein wiederum mit spontanen Erläuterungen zur Verfügung stehen. Die Gäste aus der Nachbarstadt nahmen für das bevorstehende 25-jährige Jubiläum wiederum einen Besuch im Wächtersbacher Schlosspark in den Blick. So war es ein rundum gelungener Nachmittag. Alle drei Vereine versprachen sich, miteinander in Kontakt zu bleiben.

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