Streben nach Freiheit

Wächtersbach
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Bei herrlichem Sonnenschein, vor phantastischer Schlossparkkulisse, auf gut besuchter schattiger Restaurantterrasse, hatte Anja Kolb zum Juni-Stammtisch mit „Charakterköpfen“ vom Altstadtförderverein Wächtersbach, die Wächtersbacher Künstlerin Birgit Fuchs-Dohn als Gast eingeladen.

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Das Thema war der künstlerische Werdegang Fuchs-Dohns und ihre Teilnahme an der vom Altstadtförderverein im Jahre 2018 ins Leben gerufenen Kunstroute.

Birgit Fuchs Dohn berichtete von ihrem beruflichen Werdegang. Sie hatte nämlich zunächst den Beruf einer Architektin ergriffen, in dem sie vor allem Großprojekte wie den Bau von Krankenhäusern betreute. Der Beruf ist bis heute hauptsächlich von Männern geprägt, daher musste sie lernen sich in dieser Umgebung durchzusetzen. 2013 bekam sie ganz unerwartet von ihrem Mann einen Acryl-Malkurs geschenkt. Widerstrebend nahm sie an – ohne zu ahnen, dass dies der Ausgangspunkt für eine bemerkenswerte künstlerische Entwicklung sein würde. Ihre erste Ausstellung bestritt sie bereits 2015 in Bad Orb beim "Dialog der Elemente". Angeleitet wurde sie in den Folgejahren vom Hanauer Künstler Edi Herrmann.

Derzeit läuft eine Ausstellung im Fuldaer Arbeitsgericht unter dem Motto "Kindheitstraumata". Birgit- Fuchs-Dohn stellt dort ihre schönen Kindheitsbilder denen von Alek Poselt gegenüber, der auf drastische Weise den Missbrauch von Kindheit darstellt, z.B. als Kindersoldaten. 2018, als am Lindenplatz das „Kreativ-Atelier“ als Künstlertreffpunkt eingerichtet wurde, bot auch Birgit Fuchs-Dohn Malkurse an und stellte ihre Kunstwerke im Atelier aus. Damals kam auch der erste Kontakt mit dem Altstadtförderverein zustande. Leider wurde das Atelier wegen fehlender finanzieller Mittel nach kurzer Zeit geschlossen.

Die Vorsitzende Enesa Aumüller hatte die Künstler aufgesucht und dafür geworben, gemeinsam eine Kunstausstellung in den Schaufenstern der Altstadtgeschäfte auf die Beine zu stellen. Nachdem sie auch die Geschäftsleute mit im Boot hatte, war die Kunstroute geboren. So kamen die Gäste auch auf das Konzept der Kunstroute zu sprechen. Birgit Fuchs-Dohn war von Anfang an erfreut, dass die Kunstroute quasi vor ihrer Haustür stattfindet und sie keinen langen Transportweg für ihre großformatigen Bilder hatte.

Enesa Aumüller erklärte, dass bei der Kunstroute das Miteinander im Vordergrund stehe. Es gibt keine strengen Vorgaben. Die Geschäftsleute entscheiden, wie viel Ausstellungsfläche sie zur Verfügung stellen, und teilweise schlagen sie auch Künstler vor. Die Künstler stellen ihre Werke selber zusammen. Auch hier gibt es keine Vorgaben. Mitmachen darf jeder, der Freude am künstlerischen Wirken hat. Wichtig sei es dem Verein, auch Schüler und junge Künstler einzubinden und für die Altstadt zu begeistern. Auf diese Weise kommt eine bunte Mischung von Bildern und Skulpturen zusammen, welche die Altstadtbesucher bei einem Rundgang durch die Altstadt, unabhängig vom Wetter oder den Öffnungszeiten, während der zweiwöchigen Kunstroute in den Schaufenstern bewundern können. Es gebe inzwischen zwar ähnliche Initiativen, die andernorts das Stadtbild prägen, so z.B. die Gemälde, die seit einiger Zeit in Gelnhausen zum Verweilen vor grauen Mauern einladen, das Konzept der Kunstroute sei aber bisher einmalig. Selbst während der Pandemie konnte die Kunstroute als eine der wenigen Veranstaltungen, stattfinden. Zu den ausgestellten Kunstwerken kam in den Folgejahren auch eine Modenschau und die Dekoration des Altstadtbrunnens, zum Einläuten der Kunstroute, hinzu. Eine weitere Neuerung wird in diesem Jahr sein, dass während der Vernissage am 13.August neben den Musikern auch malende Künstler die Straßenkünstlerszene prägen werden.

Birgit Fuchs-Dohn, die das farbenfrohe Großformat liebt, wird während der diesjährigen Kunstroute vom 13.-27. August, zusammen mit Alek Poselt und dem Dichter Hartmut Bart-Engelbarth, im Antiquitätengeschäft im Untertor 11 ausstellen. Sodann kam die Künstlerin auf den heimlichen Star der diesjährigen Kunstroute zu sprechen: Das Plakat ziert nämlich ein Porträt von Franziska von Reventlow (1871-1918). Birgit Fuchs-Dohn hat ihr, inspiriert von einer Lesung der Schriftstellerin Astrid Hohlbein, ein eindringliches, großformatiges Porträt gewidmet. Der Lebenslauf der viel zu früh verstorbenen Gräfin sei kurz so zusammengefasst: Aus holsteinischem Adel stammend brach sie mit den Konventionen ihrer Zeit. Von einem unbändigen Freiheitsdrang beseelt, suchte sie ein Leben als Künstlerin, hauptsächlich als Schriftstellerin. Ihr Lebensmittelpunkt wurde die legendäre Münchner Boheme, bevor sie nach Ascona am Lago Maggiore umzog und dort an einem unglücklichen Fahrradunfall starb. Das Porträt der unbändigen Gräfin misst im Original 70 mal 100 cm. Wer sich selbst einmal auf Großformat sehen möchte, kann sich von Birgit Fuchs-Dohn auch ein Portrait anfertigen lassen.

Franziska von Reventlow wird auch im Mittelpunkt der Finissage der Kunstroute stehen: Am 27. August um 17 Uhr liest die aus Hanau stammende Germanistin Astrid Hohlbein vor dem Gartensaal aus Reventlows Werken. Am Schluss begann die Diskussion unter den Teilnehmern wie man den Künstlertreffpunkt wieder aufleben lassen könnte, und ob es vielleicht Räume gibt die die Stadt den Künstlern zur Verfügung stellen könnte?

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