Nach dem Wohnhausbrand in der Nacht zum 1. Weihnachtsfeiertag im Wächtersbacher Stadtteil Wittgenborn hat die VORSPRUNG-Redaktion mit dem Mann gesprochen, der mit seiner Familie und mehreren Mitarbeitern das Gebäude bewohnt. Nach den Löscharbeiten waren fremdenfeindliche Parolen an den Wänden in der Brandruine gefunden worden. Was zunächst nach einem Unglücksfall aussah, könnte sich daher nun als schweres Verbrechen herausstellen.
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„Ausländer raus“ steht an mehreren Wänden in der Wohnung. Die Bilder wurden vom Sohn der insgesamt sechsköpfigen Familie angefertigt, der nach den Löscharbeiten am Montag als Erster das Haus begutachtete. Die Familie, gebürtig aus Pakistan, war über Weihnachten nicht zu Hause. Auch die Mitarbeiter, die ebenfalls in dem Gebäude untergebracht sind, waren nicht da. Am Freitag gegen 15 Uhr hatten sich alle über die Weihnachtsfeiertage aus Wittgenborn verabschiedet, am Montag um 1.07 Uhr ging der erste Alarm bei den ersten Wächtersbacher Feuerwehren ein. Nachbarn hatten ihn in der Nacht über den Brand informiert.
„Für uns ist das alles unerklärlich“, sagt der Familienvater, der seit 27 Jahren in Deutschland lebt und vor acht Jahren nach Wittgenborn gezogen ist. „Wir haben viel Arbeit und Liebe in das Haus gesteckt“, sei der Schock umso größer gewesen, als ihm am Montag sein Sohn die Bilder aus der Brandruine zeigte. Obwohl das Gebäude einsturzgefährdet ist, hatte er sich ins Innere gewagt und an mehreren Wänden die fremdenfeindlichen Parolen entdeckt. Die Familie informierte umgehend die Polizei, in sozialen Netzwerken gingen die Fotos schnell viral.
Der Vater hatte inzwischen Kontakt zur Polizei, am Mittwoch wollen sich die Ermittler ein Bild vor Ort machen. Dann muss auch geklärt werden, wann die Parolen an die Wand gesprüht wurden. In den sozialen Netzwerken wurde darüber spekuliert, dass sie erst nach dem Brand angebracht worden sein könnten, weil sie ansonsten nicht mehr gut leserlich wären. Aktuell scheint aber die Version wahrscheinlicher, dass der oder die Täter zunächst ins Wohnhaus einbrachen, die Parolen anbrachten und dann Feuer legten. Zur Brandursache gibt es bislang seitens der Polizei noch keine Informationen, allerdings wird inzwischen wegen schwerer Brandstiftung ermittelt, auch die Staatsschutzabteilung des Polizeipräsidiums Südosthessen ist eingeschaltet.
Anfeindungen sei die Familie bislang nicht ausgesetzt gewesen, alle seien berufstätig und würde die meiste Zeit in ihrem Unternehmen verbringen, so der vierfache Vater. Ein Vorfall fällt ihm dann aber doch ein: Vor drei Wochen seien die Schrauben an einem Reifen an seinem Fahrzeug locker gewesen. „Hast du Feinde?“ sei er danach von der Werkstatt gefragt worden. Auch dafür gibt es bislang keine Erklärung.
An dem Gebäude im Baumgartenweg in Wächtersbach hatte in der Nacht zum Montag zunächst ein Anbau gebrannt, das Feuer war beim Eintreffen der ersten Einsatzkräfte bereits auf das Wohngebäude übergegangen. Über acht Stunden dauerten die Löscharbeiten, die Wehren aus Wächtersbach wurden dabei von der Feuerwehr aus Bad Orb unterstützt, die Versorgung übernahm der 2. Betreuungszug des Main-Kinzig-Kreises. Die Polizei hat den Schaden auf 350.000 Euro geschätzt.
Bürgermeister Andreas Weiher (SPD) dankte in einer Mitteilung auf der Homepage der Stadt Wächtersbach den Einsatzkräften, „die in der Tatnacht bis 09.30 Uhr am Morgen und teilweise bis zur totalen Erschöpfung bei widrigsten Wetterbedingungen weitere Schäden im Umfeld des brennenden Hauses verhindert haben“. Die Familie sei integriert und leben seit vielen Jahren in Wittgenborn. Weiher: „Aktuell ist die Familie bei Freunden untergebracht. Sie benötigen nach eigener Aussage keine Hilfe.“
