Wie viele Windkraftanlagen sollen in Zukunft im Main-Kinzig-Kreis Strom erzeugen? Die Meinung darüber gehen im Kreistag weit auseinander, während vor allem Grüne den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter vorantreiben wollen, sehen FDP und AfD die Grenzen in Sachen Windkraft erreicht, wenn nicht gar schon überschritten. „Schwarz und Weiß“, bezeichnete Landrat Thorsten Stolz (SPD) diese Debattenkultur und kritisierte das fehlende gesunde Augenmaß.
Aktuell stehen im Kreisgebiet 98 Windkraftanlagen, sieben weitere sind genehmigt, 23 derzeit im Genehmigungsverfahren. Laut Stolz wird mit den im Kreis vorhandenen erneuerbaren Energien aktuell Strom für 542.000 Bürgerinnen und Bürger erzeugt, also für über 100.000 Menschen mehr, wie zwischen Maintal und Sinntal leben. Vom gesamten Energiebedarf (inklusive Gewerbe und Industrie) kann laut Stolz somit bereits 42 Prozent gedeckt werden, hessenweit seien es dagegen nur 19 Prozent. „Wir sind der absolute Vorreiter“, ist der Landrat überzeugt, protestierte daher auch unlängst gemeinsam mit 16 Bürgermeistern dagegen, dass vor allem im Ostkreis weitere Flächen für Windkraftanlagen ausgewiesen werden sollen.
FDP und AfD verwiesen auf diese Pläne und wollte mit einem Antrag das Regierungspräsidium Darmstadt auffordern, die Anzahl der Windkraftanlagen im Main-Kinzig-Kreis auf den jetzigen Ausbauzustand zu begrenzen. „Der Kreis wurde über den Tisch gezogen“, verwies Rolf Zimmermann (FDP) darauf, dass im hessenweiten Vergleich im Kreisgebiet bereits die meisten Anlagen stehen und jetzt noch weitere geplant seien. Bis zur 400 Anlagen seien so aus seiner Sicht denkbar.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Reul erinnerte an einen Kreistagsbeschluss aus 2016, laut dem maximal zwei Prozent der Kreisfläche für Windkraft genutzt werden soll und zudem immer die Zustimmung der jeweiligen Kommune erforderlich sei. Allerdings forderte er die Bürgerinitiativen auch dazu auf, keine Fundamental-Opposition zu leisten, sondern kompromissbereit zu sein. Schockiert von der Debatte zeigte sich der Grünen-Fraktionsvorsitzende Reiner Bousonville: „Der Feldzug der AfD im Schulterschluss mit der FDP gegen die erneuerbaren Energien wirkt so, als sei es eine Bedrohung für Leib und Leben“, fühlte er sich angesichts der Debatte in der 1950er-Jahre zurückversetzt.
Die Anträge von FDP und AfD fanden schließlich keine Mehrheit, beschlossen wurde, auch mit den Stimmen von Freien Wählern und Linken, ein von SPD und CDU verfasstes Bekenntnis. Dabei werden der Landrat und die 16 Bürgermeister in ihrer Kritik an den neuen Windkraftplänen unterstützt, außerdem fordert der Kreistag eine Überarbeitung der Landes- und Regionalplanung und eine enge Abstimmung mit den tatsächlich betroffenen Städten und Gemeinden. „Insbesondere ist auf eine nachvollziehbarere und angemessene Verteilung der Windvorrangflächen zu achten und das bisherige Engagement im Hinblick auf den Ausbau von Windkraft angemessen zu berücksichtigen“, heißt es im beschlossenen Antrag.