Kommentar: „Wir bleiben zuhause!“ gilt auch für Landräte und Bürgermeister

Politik
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Alle Menschen in Deutschland sind aufgerufen, jedwede vermeidbaren Treffen eben auch zu vermeiden. „Wir bleiben zuhause!“, heißt es angesichts der Verlängerung von Lockdown und Kontaktbeschränkungen seit inzwischen fast einem Jahr. Das gilt sowohl für den privaten, aber auch für den beruflichen Bereich. Das viel beschriebene „Homeoffice“ steht nicht nur symbolisch für den aktuellen Standort vieler Menschen.



Das gilt natürlich nur überall da, wo es möglich ist, jeder kennt die Berufe, die eben nicht von zu Hause ausgeübt werden können. Diese Menschen begeben sich zwangsläufig in eine Infektionsgefahr. Das politische Geschehen hingegen kann relativ leicht kontaktlos weitergeführt werden. Sitzungen und Besprechungen über die digitalen Wege sollten heutzutage kein Problem sein.

Aber hält sich wirklich auch jeder daran? Ein Beispiel: Im Rathaus in Erlensee hat am 15. Januar eine „außerordentliche Sitzung“, so hieß es in der Pressemitteilung, des Seniorenbeirates stattgefunden. Anlass war die Verleihung eines Landesehrenbriefes. Nun geht es an dieser Stelle nicht darum, ob der Geehrte diese Auszeichnung zurecht bekommen hat. Das mag unwidersprochen so stehen bleiben. Aber warum lädt man denn ausgerechnet zu dieser Zeit Personen aus der am stärksten gefährdeten Altersgruppe zu einer Sitzung ein? Fünf Personen hätten teilgenommen, teilt das Erlenseer Rathaus auf Nachfrage mit, darunter Bürgermeister Stefan Erb (SPD) und Landrat Thorsten Stolz (SPD). Alle hätten sich an die Abstandsregeln gehalten, das stand schon in der Pressemitteilung. Und auf dem Foto tragen alle einen Mundschutz.

Und genau da besteht das Missverständnis: Die Vorgaben für Abstand, Hygiene und Alltagsmasken („AHA-Regeln“) sollen eben dort angewandt werden, wo Zusammentreffen unvermeidbar sind und sind nicht dafür gedacht, vermeidbare Sitzungen zu legitimieren. Und in einer Zeit, in der Operationen abgesagt werden, Unternehmer um ihre Existenz kämpfen und Menschen einsam in Pflegeheimen sterben, sollte sich auch Landräte und Bürgermeister vor jeder Einladung und vor jeder Sitzung fragen, ob diese aktuell wirklich unvermeidbar sind.

Foto-Quelle: Bundesministerium für Gesundheit


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