CDU: Leikert fordert mehr Mitspracherecht der Parteibasis

Politik
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Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl spricht sich die CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Katja Leikert für mehr Mitspracherecht der Parteibasis bei personellen Entscheidungen aus. „Das Verfahren zur Bestimmung des Kanzlerkandidaten muss auf den Prüfstand“, zeigt sich die 46-Jährige aus Bruchköbel im Interview zudem demütig nach dem Verlust des Direktmandates im Wahlkreis Hanau und Umgebung. In den Bundestag ist Leikert, die auch Vorsitzende der CDU im Main-Kinzig-Kreis ist, diesmal über die hessische Landesliste der CDU eingezogen.



Frau Dr. Leikert, wie lautet Ihre Erklärung für die großen Stimmenverluste der CDU, vor allem angesichts noch stabiler höherer Umfragewerte vor wenigen Monaten?
Dr. Katja Leikert: „Wir haben die Wahl verloren. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass wir an der Spitze kein Zugpferd mit hohen persönlichen Beliebtheitswerten hatten, wie wir es aus den zurückliegenden Bundestagswahlen mit Angela Merkel gewohnt waren. Es ist aber auch zu einfach, jetzt alles am Kanzlerkandidaten festzumachen. Unsere Probleme sind tiefgreifender. Wir müssen uns deshalb jetzt die Zeit für eine schonungslose Analyse nehmen. In den vergangenen Jahren sind wir nach Verlusten zu schnell zur Tagesordnung übergangen, das darf diesmal nicht passieren. Ich will, dass wir wieder eine echte Volkspartei werden, die in der Mitte steht und inhaltlich die volle Bandbreite abdeckt. Dazu gehört, dass wir bei unseren Kernkompetenzen wieder wahrnehmbarer werden. Wir müssen aber auch unsere Positionen bei ganz normalen Themen der Mitte überdenken, zum Beispiel bei der Rente oder bei der Sorge vieler vor sozialem Abstieg. Ganz unabhängig davon, wie sich die nächsten Tage nun entwickeln: Wir brauchen strukturell, inhaltlich und personell eine Frischzellenkur.“

Hat Sie der Verlust Ihres Direktmandates nach dem Verlauf des Wahlkampfes überhaupt noch überrascht?
Leikert: „Ich hätte gerne unsere Region auch in Zukunft als direkt gewählte Abgeordnete im Deutschen Bundestag vertreten. Bei einem solchen Bundestrend war das leider schwierig. Was für die Bundesebene gilt, hat aber auch im Wahlkreis Gültigkeit: Ich nehme das Ergebnis demütig an.“

War Armin Laschet der richtige Kanzlerkandidat?
Leikert: „Armin Laschet ist für mich ein Pro-Europäer mit einer klaren Haltung und dem richtigen Wertekompass. Deshalb war ich überzeugt davon, dass er unser Land in eine gute Zukunft führen würde. Das Wahlergebnis zeigt aber leider, dass das nicht ausreichend viele Menschen in Deutschland so gesehen haben.“

Werden Sie an Ihrer Arbeit im Wahlkreis etwas verändern?
Leikert: „Ich werde mich weiterhin engagiert für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger im Wahlkreis einsetzen und wie bisher auch jederzeit für jeden erreichbar sein. Ich freue mich, wenn erfolgreiche Projekte wie Ganztag an Grundschulen, nordmainische S-Bahn, Sanierung von Wilhelmsbad und viele weitere Vorhaben im Laufe der nächsten vier Jahre Gestalt annehmen und werde diese weiterhin eng begleiten. Insbesondere für die soziale/gesundheitliche Infrastruktur will ich mich noch stärker einsetzen. 

Mit Danica Radtke hat bereits ein Mitglied den Vorstand der CDU Main-Kinzig verlassen, erwarten Sie weitere Rücktritte?
Leikert: „Nein, mir ist nichts bekannt.“

Radtke wirft der CDU-Kreisspitze unter anderem vor, bei der Wahl des CDU-Bundesvorsitzenden nicht dem Willen der Kreis-CDU gefolgt zu sein, die für Friedrich Merz plädiert habe. War das ein Fehler?
Leikert: „Ja. Das Verfahren zur Bestimmung des Kanzlerkandidaten muss auf den Prüfstand. Personenfragen werden immer bedeutender in Wahlkämpfen. Die Parteibasis muss mehr direkte Mitsprache erhalten. Wir brauchen auch in der Abstimmung mit der CSU ein klares Verfahren. Ich nehme diese Kritik sehr ernst uns sage selbstkritisch, dass dort klar Fehler gemacht wurden.“ 

Nur knapp 60 Prozent haben sie im September 2020 zur CDU-Kreisvorsitzenden gewählt, der Parteitag war insgesamt durchaus turbulent. Planen Sie, auch in Zukunft an der Spitze der CDU im Main-Kinzig-Kreis zu stehen?
Leikert: „Die Partei hat mich für zwei Jahre als Vorsitzende gewählt und ich übe dieses Amt sehr gerne aus.“

Muss nach diesem Ergebnis der Bundestagswahl die Aufstellung der CDU im Main-Kinzig-Kreis grundsätzlich überdacht werden?
Leikert: „Wir wollen als CDU im Main-Kinzig-Kreis aus einer neuen kommunalen Stärke heraus für die Menschen wieder attraktiver werden. In vielen Kommunen und auch auf Kreisebene sind wir seit der Kommunalwahl vor Ort in Verantwortung. Dort wollen wir durch eine gute, sachliche Arbeit überzeugen. Gleichzeitig richten wir den Blick auf die Bürgermeisterwahlen. Unser Ziel ist es, Rathäuser wieder zurückzugewinnen. Insbesondere im östlichen Teil des Kreises werden wir sicherstellen, dass wir trotz des Verlusts des Direktmandats auch in Zukunft als CDU präsent sind.“


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