Joh-Rückzug der Kreissparkasse: Wer ist Koch und wer ist Kellner?

Politik
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Landrat Thorsten Stolz (SPD) hat Verständnis für den Rückzug der Kreissparkasse Gelnhausen von der Entwicklung des ehemaligen Joh-Areals geäußert. „Das war eine unternehmerische Entscheidung“, bestätigte er zudem, dass er als Verwaltungsratsvorsitzender im Vorfeld darüber informiert worden war. Und auch den viel diskutierten Inhalt der Pressemitteilung des Sparkassen-Vorstandes (wir berichteten) segnete Stolz ab: „Ich kann die Beweggründe durchaus nachvollziehen.“



Die Grünen hatten das Thema mit einer aktuellen Stunde auf die Tagesordnung des Kreistages gebracht. „Wer ist für das Scheitern des Projekts verantwortlich?“, wollte Fraktionsvorsitzender Reiner Bousonville zudem unter anderem auch wissen, welche Kosten inzwischen für die Planungen beim Kreis angefallen sind. Sein Verdacht: „Die Wahrheit liegt noch nicht auf dem Tisch.“ Für Carsten Kauck (Freie Wähler) stellte sich die Frage, ob sich die Kreissparkasse, deren Träger der Main-Kinzig-Kreis ist, verselbstständigt hat: „Wer ist hier Koch und wer ist Kellner?“. FDP-Fraktionsvorsitzender Kolja Saß forderte unterdessen sofortige Konsequenzen: „Entweder bei der Kreissparkasse oder beim Landrat als Verwaltungsratsvorsitzender.“ Im Lauf der Debatte stellte er zudem klar, dass in Gelnhausen die städtischen Gremien alle notwendigen Grundlagen für das Projekt beschlossen haben. Verständnis für die Entscheidung der Kreissparkasse kam hingegen von der AfD: „Das ist Sache des Vorstandes“, hätten laut dem Fraktionsvorsitzenden Dr. Wolfram Maß Banken angesichts der Zinsentwicklung schon genug Probleme, Gewinne zu erzielen.

„Abenteuerlich“ bezeichnete unterdessen Landrat Stolz gleich zu Beginn seiner Stellungnahme die bisherige Debatte. Klar stellte er, dass er vor Bekanntmachung der Rückzugspläne der Kreissparkasse als Verwaltungsratsvorsitzender „selbstverständlich“ informiert worden war. Wie auch der Sparkassen-Vorstand macht er die politischen Debatten in der Stadt Gelnhausen für das Scheitern des Projektes verantwortlich: „Es gab viele zähe Diskussionen, die das Projekt nicht beflügelt haben.“ Zudem sei die Frage der Stellplätze und der Gestaltung des Kinzigufers seitens der Stadt bis heute nicht geregelt. Zu den Kosten machte er keine Angaben, vielmehr stellte er sich hinter den umstrittenen Sparkassen-Vorstand: „Der Vorstandsvorsitzende Horst Wanik hat viel Zeit und Leidenschaft in dieses Projekt investiert.“

Unterstützung bekam Stolz vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Klaus Schejna, der von einer Legendenbildung sprach und den Versuch ausmachte, im Landrat in diesem Fall einen Schuldigen zu finden. Zudem habe er nie den Eindruck gehabt, dass die Stadt Gelnhausen geschlossen hinter den Plänen gestanden habe. Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Heiko Kasseckert sah den Versuch, ein „Geschmäckle“ entstehen zu lassen, wofür es allerdings keinen Grund gebe: „Das wollten die Grünen hier nur konstruieren.“

CDU-Fraktion: Wer was sagen darf - und wer nicht

Die Joh-Debatte im Kreistag hat fraktionsintern bei der CDU für großen Gesprächsbedarf gesorgt. Wichtig war dabei der Fraktionsspitze offenbar vor allem die Koalitionsdisziplin, eine Wortmeldung von Volker Rode, der als 1. Stadtrat von Gelnhausen die Verhandlungen mit der Kreissparkasse Gelnhausen geführt hatte, wurde vom Fraktionsvorsitzenden Heiko Kasseckert unterbunden.

Rode hatte sich eigenständig zu Wort gemeldet und wurde vom Kreistagsvorsitzenden Carsten Ullrich (SPD) während der Debatte als übernächster Redner angekündigt. Das sorgte für Unruhe in der vordersten Reihe der Christdemokraten: Kasseckert schickte seinen neuen Fraktionsgeschäftsführer Jannik Marquardt zu Rode, der ihm offenbar vermitteln sollte, dass nur der Fraktionsvorsitzende bei diesem Thema sprechen soll. Rode suchte daraufhin selbst das Gespräch mit Kasseckert und zog seine Wortmeldung zurück. „Volker Rode wollte sagen, dass von Seiten der städtischen Gremien alle Vorgaben erfüllt wurden“, lautete dann der kurze Hinweis von Kasseckert in seiner ebenso kurzen Rede, in der keinerlei Fehler von Landrat Thorsten Stolz (SPD) in seiner Funktion als Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse ausmachte.

Volker Rode hatte seine Meinung unterdessen bereits eine Woche zuvor öffentlich geäußert. In den Verhandlungen mit der Kreissparkasse habe er sich wie auf einem Basar gefühlt, war nur eine seiner kernigen Aussagen. „Kasseckert hatte mir zugesagt, die Sache mit den städtischen Gremien zu klären, dass wir alles für das Projekt getan haben aus Sicht von Gelnhausen, sonst hätte ich es für Gelnhausen geklärt“, erklärte Rode auf Nachfrage im Laufe der Kreistagssitzung. Und weiter: „Ich denke, es war ausreichend, das Problem liegt zwischen Kreissparkasse und der Stadt, der Kreis ist für uns erst einmal außen vor. Die Fragen der Grünen wurden nicht beantwortet.“ An seinen Standpunkten hielt Rode auch nach der Diskussion im Kreistag fest: „Gelnhausen kann nicht noch zusätzliche Stellplätze kostenfrei zur Verfügung stellen, es wurden für die Schulen ect. die Stellplatzsatzung sehr nachsichtig bewertet, aber irgendwann kommt der Punkt, dass dieses Kontingent erschöpft ist. Deshalb akzeptieren wir nicht, dass wir für dieses Projekt auch noch kostenfreie Stellplätze über Gebühr zur Verfügung stellen.“

Beendet war die Debatte im Kreistag auch nach der aktuellen Stunde zu Sitzungsbeginn übrigens nicht: Parteiübergreifend diskutierten die Gelnhäuser Kreistagsabgeordneten weiter, auch der CDU-Fraktionsvorsitzende in der Gelnhäuser Stadtverordnetenversammlung, Christian Litzinger, schaltet sich ein. Während den Redebeiträgen war ihm deutlich anzusehen, dass auch er sich allzu gerne in die Debatte eingeschaltet hätte. Aber Litzinger ist Mitglied des Kreisausschusses - und für den spricht im Kreistag ausschließlich der Landrat.


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