Fridays for Future: Klimakonzept des MKK nicht ambitioniert genug

Politik
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Am Freitag, 15.12., entscheidet der Kreistag über das erste integrierte Klimaschutzkonzept des Main-Kinzig-Kreises. "Als Fridays for Future, Parents for Future und Psychologists&Psychotherapists for Future finden wir, dass dies längst überfällig ist und haben uns deswegen das Konzept mit Interesse angeschaut. Leider müssen wir feststellen, dass das Konzept in der jetzigen Form nicht ambitioniert genug ist, weil erstens die Ziele nicht ausreichen, zweitens die Ziele mit diesen Maßnahmen nicht erreicht werden können und drittens vorgeschlagene Einsparungen nicht schnell genug erfolgen", so die Organisationen im Vorfeld in einer Stellungnahme.



Und weiter: "Wir haben uns deshalb in einer Stellungnahme an die demokratischen Fraktionen im Kreistag (CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke, Freie Wähler) sowie den Landrat und die hauptamtlichen Kreisbeigeordneten gewandt und zur Nachbesserung aufgefordert. Unsere Stellungnahme finden Sie weiter unten (Punkt 1). In einem zweiten Schritt haben wir denjenigen, die uns geantwortet haben, konkrete Verbesserungen vorgeschlagen. Diese Vorschläge wären kurzfristig in das Klimaschutzkonzept aufzunehmen und verringern zumindest die Emissionslücke."

Nachfolgend die Stellungnahme von Fridays for Future zum integrierten Klimaschutzkonzept im Wortlaut.

"Sehr geehrte Damen und Herren 

wir schreiben Ihnen, um zum integrierten Klimaschutzkonzept Stellung zu nehmen, das bereits im Ausschuss besprochen wurde und nun nächsten Freitag im Kreistag beschlossen werden soll. Zunächst einmal freuen wir uns, dass der Main-Kinzig-Kreis ein Klimaschutzkonzept erarbeitet hat und dies nun verabschiedet werden soll. Die Bewältigung der Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit und erfordert dringend planvolles und aufeinander abgestimmtes Vorgehen. 

Durch das Pariser Klimiaschutzabkommen hat sich die Weltgemeinschaft dem Ziel verpflichtet, die Erderwärmung gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter auf maximal 2°C, besser 1,5°C zu begrenzen. Die jährlich zu verzeichnenden Hitzerekorde und die häufiger auftretenden Extremwetterereignisse zeigen, dass die Erreichung der Klimaziele einen besonderen gemeinsamen Kraftakt erfordert. Nur wenn alle, also Bürger*innen, Unternehmen, Politik und öffentliche Verwaltung, ambitioniert CO2-Emissionen senken, kann eine Klimakatastrophe noch verhindert werden. Politik und öffentlicher Verwaltung kommen dabei besondere Rolle zu. Erstens gilt es Leitlinien zu setzen, an denen sich alle orientieren können und zweitens muss eine Vorbildfunktion erfüllt werden, also Einsparungen besonders ambitioniert erfolgen. 

Das integrierte Klimaschutzkonzept in seiner aktuellen Fassung ist dahingehend ein gelungener Auftakt. Der Verantwortungsbereich des Main-Kinzig-Kreises wird klar abgegrenzt und sinnvolle Maßnahmen vorgeschlagen, um die Treibhausgasemissionen zu senken. Der Fokus auf den eigenen Einflussbereich verspricht eine realistische Zielerreichung. Zwei Aspekte wollen wir lobend hervorheben. Die Einrichtung und Zusammensetzung des Klimabeirats befürworten wir ausdrücklich. Der Klimabeirat vereint zahlreiche Akteur*innen, die bei Energie-, Verkehrs-, Agrar- und Industriewende zentrale Aufgaben haben. 

Außerdem freut es uns, dass bereits bestehende Konzepte, wie das Nahmobilitätskonzept und das Radverkehrskonzept Berücksichtigung finden. In den jeweiligen Bürger*innenbeteiligungsprozessen zu diesen Konzepten hatten wir uns bereits eingebracht und sehen hier großes Potenzial. Wie Sie wahrscheinlichen vermuten können, möchten wir auch Kritik äußern. Drei zentrale Aspekte kommen uns zu kurz oder fehlen gänzlich. 

Die Zielsetzungen reichen nicht aus, um einen fairen Beitrag zu nationalen oder internationalen Klimaschutzabkommen zu leisten. Klimaneutralität erst im Jahr 2045 wird zu einer Überschreitung mindestens der 1,5° Grenze, eher sogar der 2°C Grenze führen. Wir sind uns bewusst, dass auch das nationale Klimaschutzgesetz diese Marke anpeilt. Allerdings lässt sich das Pariser Klimaschutzabkommen, das von allen Parteien im deutschen Bundestag ratifiziert wurde, so nicht einhalten. Auffällig ist darüber hinaus, dass die Zwischenziele hinter den Zielsetzungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes zurückbleiben. Dabei sind schnelle Einsparungen deutlich wertvoller, weil eine früh eingesparte Tonne CO2 auch in allen Folgejahren eingespart wird und der Effekt deshalb 20-mal so hoch ist, als wenn die Einsparung z.B. erst 2043 erfolgt. Wir rufen deshalb dazu auf, die Zwischenziele dem Bundesklimaschutzgesetz anzugleichen und bis 2030 -65% THG-Emissionen und bis 2040 -88% THG-Emissionen einzusparen. Außerdem sollte ein frühzeitiger Beginn bei allen Maßnahmen geprüft werden, um diese Ziele auch zu erreichen. 

Aufgrund knapper Personal- und Geldressourcen ist es außerdem wichtig, klimaschützende Maßnahmen so zu gestalten, dass sie zielkonform sind. Alle Maßnahmen oder Neuanschaffungen, die heute beschlossen werden, wirken voraussichtlich für mindestens 20 Jahre. Werden auch nach Abschluss von Maßnahmen weiterhin Treibhausgase ausgestoßen, kommt es zu Lock-In Effekten. Deshalb muss gründlich und schnell zugleich gehandelt werden. Im Klimaschutzkonzept sind uns jedoch einige Maßnahmen aufgefallen, die das nicht berücksichtigen. Beispielsweise lässt die Maßnahme zur Umrüstung des kreiseigenen Fuhrparks auch weiterhin großzügig die Anschaffung von Fahrzeugen mit Verbrennermotoren zu. Hier schlagen wir vor, nur noch Fahrzeuge, bei denen Verbrennermotoren alternativlos sind, zu kaufen, wie zum Beispiel Einsatzfahrzeuge. 

Wir haben bereits den klaren Fokus auf den eigenen Verantwortungsbereich des Kreises lobend hervorgehoben. Frau Simmler schreibt aber in ihrem Grußwort, dass der Kreis "Bindeglied zwischen kreisangehörigen Kommunen, lokalen Unternehmen und Bürgerschaft" ist. Dieser Rolle wird das Klimaschutzkonzept nicht gerecht. Der Kreis muss als Vermittler auftreten und auch eigenständig Verantwortung übernehmen. So könnte zum Beispiel initiiert werden, dass Wärmeplanung im Konvoi-Verfahren durchgeführt wird, eigene Förderprogramme aufgesetzt und Institutionen gestärkt werden, die wichtig für die Klimawende sind. Ideen gibt es viele und ein Blick in andere Landkreise in Deutschland zeigt, welche Praxiserfahrungen es andernorts bereits gibt. 

Aus unserer Sicht ist das integrierte Klimaschutzkonzept dringend verbesserungsbedürftig, um drängende Fragen unserer Zeit zu beantworten. Wir bitten Sie hier entsprechend nachzusteuern. Gerne möchten wir Sie zu einem persönlichen Gespräch einladen, um über oben genannte sowie weitere Vorschläge zu sprechen. Sie sind mit den parlamentarischen Prozessen besser vertraut, als wir es sind. Als interessierte Zuschauer*innen befürchten wir jedoch, dass eine Verschiebung des Klimaschutzkonzeptes der Sache nicht dienlich wäre. Wir rufen deshalb dazu auf, das Konzept in dieser Form am Freitag, den 15.12. im Kreistag zu verabschieden und direkt im Anschluss mit der Novellierung zu beginnen. Wir stehen hierbei jederzeit gerne mit Rat und Tat zur Seite und freuen uns auf Ihre Rückmeldungen.

Gestalten Sie die Klimaschutzanstrengungen des Main-Kinzig-Kreis ambitioniert, nachhaltig und generationengerecht!

Mit freundlichen Grüßen 

Fridays for Future Hanau
People for Future Gelnhausen/Main-Kinzig
Fridays for Future Schöneck
Psychologists & Psychotherapists for Future Main-Kinzig-Kreis

2. Vorschläge zu einer kurzfristigen Verbesserung des integrierten Klimaschutzkonzeptes

A) Allgemeines

  • Die Ziele des IKSK sollten dem Bundesklimaschutzgesetz mindestens angeglichen werden, besser sogar diese übertreffen. Klimapolitisch notwendig wäre Klimaneutralität bis 2035. Sollte der Kreistag sich dagegen entscheiden, ein ambitionierteres Klimaneutralitätsdatum festzusetzen, müssen dringend Zwischenziele eingeführt werden: -65% THG-Emissionen bis 2030 und -88% THG-Emissionen bis 2040.
  • verpflichtende Forschreibung des IKSK spätestens alle drei Jahre
  • Einführung einer Klimawirkungsprüfung bei Beschlüssen im Kreistag und in der Verwaltung, ähnlich der Überprüfung der finanziellen Auswirkungen

B) Anpassung der bereits vorgeschlagenen Maßnahmen

  • frühere Einführung von Maßnahmen
    • #1 - Energiecontrolling; #4 - Beleuchtung; #10- Fuhrpark und #15 - Agri PV sollten kurzfristig, also in den nächsten drei Jahren, begonnen werden.
    • keine Maßnahmen sollten erst langfristig begonnen werden. Bis auf #17 - Biogasvergärung könnten alle Maßnahmen mindestens mittelfristig begonnen werden.
  • Lock-In-Effekte vermeiden, keine Investitionen in fossile Infrastruktur
    • #5 - Gründächer: Es gibt mittlerweile zahlreiche Gründachkonzepte, die über eine extensive Dachbegrünung hinausgehen. Diese Möglichkeiten sollten ebenfalls geprüft werden. Auch auf Bestandsgebäuden sind Gründächer häufig mit geringen Anpassungen realisierbar. Eine Beschränkung auf lediglich zwei neue Liegenschaften reicht hier nicht aus.
    • #10 - Fuhrpark: Grundsätzlich sollten vollelektrische Fahrzeuge angeschafft werden und nur in Ausnahmen davon abgewichen werden. Anhand der bisherigen 198 könnte bereits jetzt festgelegt werden, welche Fahrzeuge bei Neuanschaffung mit welcher Antriebsform ausgestattet werden. Lediglich bei Einsatzfahrzeugen und bei Fahrzeugen mit anderen Anforderungen (z.B. Geländefähigkeit oder PS) sollte von batterieelektrischen Fahrzeugen abgewichen werden. 

C) Neue Maßnahmen

  • Ausstattung aller kreiseigener Liegenschaften, inkl. Schulen, Krankenhäuser, etc mit PV-Anlagen innerhalb der nächsten fünf Jahre. Die letzte Prüfung ist ausweislich des Konzeptes 15 Jahre her, mittlerweile lassen sich PV-Anlagen auf fast allen Gebäuden realisieren.
  • Transformation in allen kommunalen Unternehmen: Bis jetzt werden nur Maßnahmen im Bereich Abfallwirtschaft vorgeschlagen. Besonderes Potential ist hier bei den Kreiswerken Main-Kinzig (Energiewende), Main-Kinzig-Gas (Energiewende), Kreisverkehrsgesellschaft (Verkehrswende), den Kliniken, den Altenpflegezentren und der Tourismus&Marketing GmbH (nachhaltiges Reisen)
  • Divestment Kreishaushalt
    • Der Kreis sollte deshalb seine Anlagen überprüfen und sich aus Geschäften mit fossilen Unternehmen zurückziehen. Dazu sollte eine Anlagerichtlinie verabschiedet werden, die einerseits eine konkrete Negativliste mit Geschäftsbereichen, in die der Kreis nicht investiert, sowie eine Positivliste, mit Branchen, in die der Kreis investieren möchte, umfasst. Teil der Negativliste sollten fossile Rohstoffe (Abbau und Nutzung), Atomenergie, Rüstungsgüter, Unternehmen mit schlechten Geschäftspraktiken (Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Union-busting, etc) sein.
    • Abbau der klimaschädlichen Investitionen: Hierzu bräuchte es im ersten Schritt eine Wirkungsabschätzung, wie viele Emissionen durch die Investitionen verursacht oder eingespart werden.
  • konkrete Maßnahmen in Einflussbereich 3 - Planen und Regulieren
    • Einstieg der Kreiswerke ins Fernwärmegeschäft, um so den Kommunen die Möglichkeit zu geben neue Wärmenetze zu bauen und diese zu betreiben
    • Koordinierung der kommunalen Klimaschutzaktivitäten: Wenn mehrere Kommunen gleiche Maßnahmen planen, würde es sich anbieten, dies beim Kreis zu koordinieren und so die Kommunalverwaltungen zu entlasten. Außerdem sollte es regelmäßige Austauschformate zwischen Gemeindevertreter*innen, Stadtverordneten und Kreistagsabgeordneten geben, um so auch politisch an einem Strang zu ziehen
    • Programm zur Fachkräftequalifizierung für die Energiewende
    • aktive Projektentwicklung bei Erneuerbaren Energien z.B. Anmietung ungenutzter Dachflächen und anschließende Ausstattung mit PV, Carport-PV-Anlagen, etc.
  • konkrete Maßnahmen in Einflussbereich 4 - Beraten und Motivieren
    • Beratungsstelle für Bürger*innen: Zentrale Anlaufstelle, in der Bürger*innen vor Ort individuell beraten werden und Best-Practice Beispiele besichtigen können. Hier könnte es z.B. Hilfe bei Stellen von Förderanträgen geben oder Handwerksbetriebe vermittelt werden. Die Beratungsstelle könnte gemeinsam mit der Verbraucherzentrale umgesetzt werden.
    • eigene Förderprogramme des Kreises zu Klimaanpassung, Energiesparen, energetische Sanierung, nachhaltige Unternehmen, etc."

Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de


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