Nach Geldbuße: Muss Landrat Stolz (SPD) zurücktreten?

Politik
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Ende Juli hatte Landrat Thorsten Stolz (SPD) mitgeteilt, dass das Regierungspräsidium im Rahmen eines Disziplinarverfahrens rund um die Grundstücksverkäufe im Baugebiet „Mittlauer Weg“ in Gelnhausen-Meerholz, die in seiner Zeit als Gelnhäuser Bürgermeister abgewickelt wurden, eine Geldbuße gegen ihn verhängt hat (wir berichteten). Allerdings teilte er dabei nicht mit, wie genau er sich dienstpflichtwidrig verhalten hat. Aber nicht nur die Öffentlichkeit wurde nicht informiert, auch der Opposition im Kreistag liegen bislang keine weiteren Informationen vor.



Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die die VORSPRUNG-Redaktion unter allen Fraktionen gestartet hat und deren Ergebnis mit dem Ende der politischen Sommerpause nun vorliegt. Nochmals zur Erklärung: In dem bereits seit Jahren andauernden Konflikt im Baugebiet „Mittlauer Weg“ im Gelnhäuser Stadtteil Meerholz geht es um 21 städtische Grünflächen, die an die dortigen Grundstücke angrenzen. Diese wurden von der Stadt zum Preis von 38,50 Euro pro Quadratmeter verkauft und anschließend von einigen Käufern bei der Umzäunung des eigenen Grundstückes miteinbezogen. Laut Bebauungsplan war dies allerdings nicht rechtens. Zu den Käufern gehörten auch Familienangehörige des ehemaligen Bauamtsleiters der Stadt Gelnhausen, ein Parteifreund von Stolz, gegen den ebenfalls ein Disziplinarverfahren angestrengt wurde. Hier ist das Ergebnis noch nicht bekannt.

Nachfolgend die Stellungnahmen der Fraktionen zur Geldbuße von Landrat.

Hat Landrat Stolz Ihrer Fraktion erklärt, gegen welche Dienstpflichten er genau verstoßen hat?
SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Schejna: 
„Landrat Thorsten Stolz hat mich in meiner Funktion als Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, ebenso wie den Vorsitzenden der CDU-Kreistagsfraktion, Landtagsabgeordneter Heiko Kasseckert, über den Abschluss des Disziplinarverfahrens durch das Regierungspräsidium Darmstadt und über das grundsätzliche Ergebnis informiert. Auch die Mitglieder der SPD-Kreistagsfraktion wurden von Landrat Stolz darüber in Kenntnis gesetzt. Er hat die Fraktion auch darüber informiert, dass er die Öffentlichkeit über den Abschluss des Disziplinarverfahrens und die Zahlung einer Geldbuße von sich aus informieren wird, was er auch getan hat.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Heiko Kasseckert: „Landrat Stolz hat mich als Fraktionsvorsitzender gemeinsam und zeitgleich mit Klaus Schejna und Max Schad über die Entscheidung des Regierungspräsidiums im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren informiert. Informiert wurden wir auch über die Höhe der Geldstrafe.“
Grünen-Fraktionsvorsitzender Jakob Mähler: „Nein.“
AfD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Mohn: „Herr Stolz hat sich dazu unserer Fraktion gegenüber (noch) nicht erklärt, wir werden ihn aber auffordern, dies spätestens im Kreistag nachzuholen. Transparenz in der Politik ist ein hohes Gut. Wer der Politikverdrossenheit etwas entgegensetzen möchte, muss auch praktisch dazu beitragen.“
Freie Wähler-Fraktionsvorsitzender Carsten Kauck: „Nein, Landrat Stolz hat gegenüber der Fraktion der Freien Wähler keine Erklärung abgegeben, gegen welche Dienstpflichten er verstoßen haben soll.“
FDP-Fraktionsvorsitzender Prof. Dr. Joachim Fetzer: „Nein, eine Kommunikation des Landrats mit der FDP-Fraktion gab es nicht.“
LINKE-Fraktionsvorsitzender Andreas Müller: „Nein, hat er nicht.“

Wenn ja: Muss Landrat Stolz aufgrund dieser Verstöße zurücktreten?
SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Schejna: 
„Nein. Landrat Thorsten Stolz ist ein guter, anerkannter und engagierter Landrat. Und in diesem Zusammenhang ist auch noch einmal der Kern eines Disziplinarverfahrens in Erinnerung zu rufen: Durch ein Disziplinarverfahren wird ein Fehlverhalten eines Beamten im Nachgang sanktioniert. Genau das ist hier geschehen. Die Zuständigkeit des Verfahrens lag beim Regierungspräsidium in Darmstadt. Als zuständige Aufsichtsbehörde hat diese den vorliegenden Sachverhalt rund um das Baugebiet Mittlauer Weg in Meerholz über drei Jahre geprüft und ist zu einem Ergebnis gekommen, welches Landrat Stolz akzeptiert und dagegen keine weiteren Rechtsmittel eingelegt hat. Das haben wir zur Kenntnis zu nehmen. Damit ist der korrekte Weg beschritten worden, wie es sich in einem Rechtsstaat gehört und der Vorgang ist insgesamt, nach mittlerweile weit über drei Jahren Verfahrensdauer, abgeschlossen.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Heiko Kasseckert: „Das Regierungspräsidium hat den Sachverhalt geprüft und eine entsprechende Entscheidung getroffen. Dort liegt die Zuständigkeit. Aus meiner Sicht sind politische Rücktrittsforderungen unverhältnismäßig und werden von uns auch nicht erhoben. Zudem betrifft der Sachverhalt die Zeit als Bürgermeister in Gelnhausen.“
Grünen-Fraktionsvorsitzender Jakob Mähler: Keine Antwort
AfD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Mohn: „Herr Stolz ist direkt gewählter Landrat und müsste von den Wahlberechtigten im Landkreis abgewählt werden. Die AfD Fraktion wird derzeit kein Abwahlverfahren im Kreistag beantragen. Wir prüfen derzeit eine unter Umstände deutlich weiter gehende etwaige Verfehlung in seinem Amt als Landrat. Sollte sich der Verdacht bestätigen, werden wir angemessen handeln.“
Freie Wähler-Fraktionsvorsitzender Carsten Kauck: „Da der Freien Wähler-Fraktion die konkreten Verstöße und deren juristische Qualität nicht bekannt sind, können wir aktuell keine Rücktrittsforderung begründen.“
FDP-Fraktionsvorsitzender Prof. Dr. Joachim Fetzer: Keine Antwort.
LINKE-Fraktionsvorsitzender Andreas Müller: „Solange nicht andere Anhaltspunkte vorliegen, muss man Thorsten Stolz positiv unterstellen, dass er seine Dienstpflichten nicht vorsätzlich verletzt hat. Dass passt einfach nicht zu Thorsten Stolz, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger doch eher ein Verwaltungsmensch ist. Beschämend ist was die Rechtsaußenpartei im Kreistag daraus macht. Aus einer Geldbuße wird eine Geldstrafe, was ein Riesenunterschied ist. Dann versucht man in bekannter Weise die demokratischen Politiker zu kriminalisieren. Das Verhalten der AFD ist schäbig.“

Wenn nein: Fordern Sie diese Erklärung ein?
SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Schejna: 
„Nein.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Heiko Kasseckert: „Nein.“
Grünen-Fraktionsvorsitzender Jakob Mähler: „Wir erwarten, dass der Landrat nach seinem Urlaub eine detailliertere Stellungnahme abgeben wird.“
AfD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Mohn: „Siehe Antwort zu 1.“
Freie Wähler-Fraktionsvorsitzender Carsten Kauck: „Die Fraktion der Freien Wähler Main-Kinzig wünscht sich in dieser Causa mehr Transparenz und natürlich auch eine Erklärung des Landrates gegenüber unserer Fraktion und der Öffentlichkeit.“
FDP-Fraktionsvorsitzender Prof. Dr. Joachim Fetzer: „Immerhin wurde uns bei unserer Anfrage zum Thema Hinweisgeber im April 2024 gesagt: ‚Eine offene Fehlerkultur ist Teil der Führungskultur im Main-Kinzig-Kreis und wird stetig gepflegt.‘ (Quelle: Antwort vom 26.4.2024 auf eine Anfrage der FDP-Fraktion).“
LINKE-Fraktionsvorsitzender Andreas Müller: „Wir sind ja immer noch in der Sommerpause. Natürlich wäre es zumindest gut gewesen etwas näheres zu erfahren. Ich erwarte dies in den kommenden Sitzungen, die ja ab Mitte September stattfinden und auch nicht unbedingt gegenüber der Presse.“

Wie finden Sie es, dass Landrat Stolz die Öffentlichkeit bislang nicht über seine Verstöße gegen die Dienstpflicht aufgeklärt hat?
SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Schejna: 
„Wie bereits erklärt, liegt die Zuständigkeit des Verfahrens beim Regierungspräsidium in Darmstadt. Ein öffentliches Austragen führt meines Erachtens weg von einer gebotenen Sachlichkeit und hin zu persönlichen Angriffen, die insbesondere in den Sozialen Medien bereits stattgefunden haben. Ob und in welcher Weise Landrat Thorsten Stolz über das Ergebnis des Disziplinarverfahrens hinausgehende Informationen gibt, ist seine persönliche Angelegenheit und die gilt es zu respektieren. Und hier sei auch daran erinnert, dass im Zuge von Disziplinarverfahren der Beamte auch Persönlichkeitsrechte hat, die es zu achten gilt. Dies trifft auch auf einen Wahlbeamten wie Landrat Thorsten Stolz zu.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Heiko Kasseckert: „Es gibt ein geregeltes Verfahren zur Überprüfung etwaiger Dienstverstöße. Diese Kompetenz und Verantwortung liegen beim Regierungspräsidium Darmstadt. Im Sinne der Sache und der jeweiligen Person halte ich es für richtig, dass so etwas nicht auf dem offenen Markt - und dann nicht selten mit ehrverletzenden Angriffen – ausgetragen wird. Ob Herr Stolz darüber hinaus Informationen gibt, liegt allein bei ihm.“
Grünen-Fraktionsvorsitzender Jakob Mähler: „Selbstverständlich besteht ein öffentliches und politisches Interesse bezügliche der Verstöße gegen seine Dienstpflicht als damaliger Bürgermeister von Gelnhausen. Immerhin ist der Landrat der oberste Dienstherr der Kreisverwaltung. In welchem Maße der Landrat in seiner Funktion als Dienstherr informiert, obliegt am Ende ihm. In seiner Rolle als direktgewählter Landrat allerdings hat die Öffentlichkeit einen Anspruch auf umfangreiche Information und möglicherweise Klarstellung. Deshalb erwarten wir nach seinem Urlaub detaillierte Informationen.“
AfD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Mohn: „Hierzu verweisen wir auf unsere Pressemitteilung.“
Freie Wähler-Fraktionsvorsitzender Carsten Kauck: „Das öffentliche Schweigen des Landrates in dieser Angelegenheit wundert uns nicht. Landrat Stolz gibt sich in der Öffentlichkeit gerne als ‚Macher‘ und sonnt sich immer wieder mit Erfolgsprojekten Dritter aus der Wirtschaft. Bei der Umsetzung eigener politischer Projekte (Gesundheitsakademie und Gefahrenabwehrzentrum) bleibt er jedoch Ergebnisse bis heute schuldig. So darf es nicht verwundern, dass er sich gerade bei dem Thema Mittlauer Weg sehr wortkarg gibt. Mit seinem Schweigen schadet der Landrat aber nicht zuletzt auch dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit des Kreisausschusses und des Kreistages.“
FDP-Fraktionsvorsitzender Prof. Dr. Joachim Fetzer: „Die FDP-Fraktion ist der Auffassung, dass die Glaubwürdigkeit der Politik auch in dieser Sache Transparenz erfordert. Öffentliche Kommunikation in noch laufenden juristischen Verfahren ist schwierig. Jetzt geht es nicht nur um Details vergangener Verfehlungen, sondern auch um die Lehren und Konsequenzen, die der Landrat mit Bezug auf den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten im Amt oder anderen Verfehlungen zieht.  Wir sind zuversichtlich, dass der Landrat diese Auffassung teilt und gehen daher davon aus, dass Herr Stolz sich entsprechend erklären wird.“
LINKE-Fraktionsvorsitzender Andreas Müller: „Da ich den Verstoß nicht näher kenne, kann ich das nicht beurteilen. Etwas mehr Offenheit wäre hier gut.“ 


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