„Wir lesen wieder einmal, dass alle Stellen besetzt werden konnten; über die Situation an den Schulen gibt diese Aussage jedoch wenig Auskunft“, so Engels. Eine besetzte Stelle bedeute noch lange nicht, dass auch eine Lehrkraft an der Schule vor Ort sei. Viele Stellen seien zwar auf dem Papier besetzt, jedoch aus vielfältigen Gründen die Stelleninhaber nicht im Einsatz. Für Vertretung zu sorgen, falle den Schulen zunehmend schwer. „Wir erkennen durchaus ein engagiertes und aufrichtiges Bemühen von Seiten des Schulamtes, für einen guten Start an den Schulen zu sorgen“, bemerkt Herbert Graf, Vorsitzender des GEW Kreisverbandes Gelnhausen und Vorsitzender des Gesamtpersonalrats Schule am Staatlichen Schulamt Hanau. „An vielen Stellschrauben, die wir hier aber gar nicht in der Hand haben, weder im Schulamt noch an den Schulen, muss jedoch einiges nachjustiert werden.“
So sei noch immer eine prekäre Bewerberlage festzustellen, die sich zunehmend schwieriger gestalte. Die Zeiten, in denen die Schulen beim Personal aus dem Vollen schöpfen konnten, seien endgültig vorbei. Dies erkenne man an der grundsätzlich begrüßten Möglichkeit, qualifizierte Quereinsteiger*innen in die Schulen zu holen. Auch wenn davon gesprochen werde, dass diese keine Lehrer zweiter Klasse seien, können diese mit oft nur einem Fach an den Schulen schwerer eingesetzt werden als eine grundständig ausgebildete Lehrkraft. An denen fehle es allerdings und auch die Zahl der Quereinsteiger sei bei weitem nicht ausreichend, um die Versorgung an den Schulen sicherzustellen. Oft müssten Verträge auch an Personen mit nur unvollständiger Qualifikation vergeben werden. Zu diesem Personenkreis äußere sich das Schulamt allerdings nicht.
Wenn das Kultusministerium nicht bald erkenne und ernstnehme, dass der Lehrberuf jungen Menschen zunehmend wenig attraktiv erscheint, ändere sich hieran auch nichts. Verbesserungen in der Ausbildungssituation und auch Entlastung im späteren Berufsleben seien dringend geboten. Daher zeigt man sich von Gewerkschaftsseite durchaus verwundert über die berichtete Formulierung des stellvertretenden Schulamtsleiters Engel, dass eine grundsätzliche Entspannung insbesondere für Grundschulen und Förderschulen leider noch nicht beobachtet werden könne. Das „noch“ suggeriere, dass eine Entspannung zu erwarten ist. Es stelle sich allerdings die Frage, woher diese kommen solle. Im Übrigen habe man dieselbe Formulierung bereits in den vergangenen Jahren gelesen. An der Situation habe sich allerdings nichts verändert.
Ähnlich verhalte es sich mit den Aussagen zur Schulpsychologie. Die genannte und als ausreichend bezeichnete Zahl von 12 Psychologen, stehe im Missverhältnis zu den vor Ort wahrgenommenen Kapazitäten. „Wenn ich um Unterstützung durch die Schulpsychologie bitte, erlebe ich immer wieder, dass sie kurzfristig nicht gewährleistet werden kann“, erläutert Pyrola Dittmar, Vorsitzende im Team des GEW-Kreisverbands Schlüchtern. Wartezeiten bis zu einem halben Jahr seien im vergangenen Schuljahr keine Ausnahme gewesen.
Im Bereich der Ganztagsangebote an Grund- und Förderschulen spricht das Schulamt von einer fast hundertprozentigen Abdeckung. Dies mag durch die Zahl von 104 genannten Schulen plausibel erscheinen, blendet aber die Situation vor Ort völlig aus. An vielen der Schulen bestünden bei weitem nicht die nötigen Einrichtungen wie Mensen und Betreuungsräume für einen Ganztagsbetrieb. Da die Schulträger Main-Kinzig-Kreis und Stadt Hanau erst nach der Prüfung des schulischen Ganztagskonzepts, das an vielen Schulen erst noch erarbeitet werden muss, mit der räumlichen Planung beginnen, stellt sich den Gewerkschaftlern die Frage, wie all das bis 2026 umgesetzt werden soll. Auch habe man keinerlei Vorstellung davon, wo das benötigte Personal herkommen solle. Die nachmittägliche Betreuung ihre Kinder stelle viele Eltern vor schier unlösbare Probleme. Oft stehen an den Grundschulen für weniger als ein Drittel der Schülerinnen und Schüler Hortplätze zur Verfügung.
„Und leider haben wir mit der Inklusion auch noch ein weiteres Dauerthema, bei dem es gehörig hakt und knirscht“, kommen die Gewerkschafter nicht umhin abschließend zu bemerken.
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