Verkehrsüberwachung in vier Kommunen gesetzeswidrig

Blaulicht
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Hammer-Urteil vom Oberlandesgericht Frankfurt: Weil sie von einem privaten Dienstleister durchgeführt wurden, waren Verkehrsüberwachungen des gemeinsamen Ordnungsbehördenbezirks der Gemeinden Freigericht und Hasselroth gesetzeswidrig. „In der Folge dieses gesetzwidrigen Handelns sind sämtliche Verkehrsüberwachungen des gemeinsamen Ordnungsbehördenbezirks der Gemeinden Freigericht und Hasselroth mindestens seit dem 23.03.2017 unzulässig“, stellte das OLG fest. Auch die Kommunen Brachttal und Nidderau sind von dem Urteil betroffen.



Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einer am Dienstag veröffentlichten Grundsatzentscheidung nunmehr bestätigt, dass Verkehrsüberwachungen durch private Dienstleister gesetzeswidrig sind und auf einer solchen Grundlage keine Bußgeldbescheide erlassen werden dürfen. Gegen den Betroffenen war ein Bußgeld wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften festgesetzt worden. Die zugrundeliegende Messung hatte ein Angestellter einer privaten GmbH vorgenommen. Die Gemeinde hatte mit dieser GmbH einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zum Zweck der „Unterstützung bei der Durchführung von Geschwindigkeitsprotokollen, allgemeine Datenverarbeitung und Erstellung von Messberichten“ mit jeweiligen Stundenverrechnungssätzen geschlossen. Diese Praxis wurde von mehreren Juristen bereits seit Jahren kritisiert, im Amtsgericht Gelnhausen waren wegen dieser Praxis in den beiden Gemeinden in den vergangenen Jahren zahlreiche Verfahren eingestellt worden.

In diesem Fall hatte das Amtsgericht Gelnhausen den Betroffenen sogar freigesprochen, weil der Bürgermeister der Gemeinde Freigericht als Ortspolizeibehörde im Wege verbotener Arbeitnehmerüberlassung einen privaten Dienstleister mit der hoheitlichen Verkehrsüberwachung beauftragt und für die so ermittelten Verstöße Verwarn- und Bußgelder hat verhängen lassen. Auf die hiergegen von der Staatsanwaltschaft Hanau eingelegte Rechtsbeschwerde hat das Oberlandesgericht Frankfurt nunmehr grundlegend ausgeführt: „Die vorliegend durchgeführte Verkehrsüberwachung durch den gemeinsamen Ordnungsbehördenbezirk der Gemeinden Freigericht und Hasselroth ist gesetzeswidrig. Die im hoheitlichen Auftrag von einer privaten Person durchgeführte Geschwindigkeitsmessung hat keine Rechtsgrundlage. In der Folge hätte das Regierungspräsidium Kassel keinen Bußgeldbescheid erlassen dürfen.“ Die Ortspolizeibehörde dürfe die Verkehrsüberwachung nur durch eigene Bedienstete mit entsprechender Qualifikation vornehmen. Der Angestellte der privaten GmbH sei unstreitig kein Bediensteter der Gemeinde. Seine Überlassung im Wege der Arbeitnehmerüberlassung sei rechtswidrig. Das Verfahren könne damit nicht als Grundlage für den Erlass eines Bußgeldbescheids dienen.

In Hasselroth und Freigericht sind laut dieser Entscheidung mindestens sämtliche Verkehrsüberwachungen seit dem 23. März 2017 unzulässig, gleiches gilt laut OLG Urteil für die Gemeinden Brachttal und Nidderau, wo der Mitarbeiter der privaten GmbH ebenfalls tätig war.

Dr. Albrecht Eitz (SPD), Bürgermeister der Gemeinde Freigericht, hat sich bereits in einer Pressemitteilug zu der OLG-Entscheidung geäußert: „Die Gemeinde Freigericht führt seit dem Jahr 2008 Geschwindigkeitsmessungen in eigener Verantwortung durch. Zunächst wurde nur die Messanlage über ein Dienstleistungsunternehmen ausgeliehen und die Durchführung der Messungen mit eigenen Ordnungspolizeibeamten abgewickelt. Ab dem Jahr 2013 wurden ausgebildete Ordnungspolizeibeamte im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt und für Geschwindigkeitsmessungen eingesetzt. Die Verfahrensweise zur Durchführung der Geschwindigkeitsmessungen wurde regelmäßig mit dem zuständigen Amtsgericht Gelnhausen abgestimmt. Des Weiteren wurde jederzeit der Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport sowie die Richtlinie des Regierungspräsidiums Kassel zur Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen beachtet und rechtskonform eingehalten. Die zuständigen Richter des Amtsgerichtes Gelnhausen haben kein einziges Ordnungswidrigkeitsverfahren, das durch einen Bediensteten im Rahmen der Arbeitsnehmerüberlassung abgewickelt wurde, beanstandet.“

Erst im Jahre 2018 seien erste Bedenken zur Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung aufgekommen, da verschiedene Oberlandesgerichte anderer Bundesländer Urteile gegen diese Art der Geschwindigkeitsmessungen gefällt hätten. Des Weiteren sei es am Amtsgericht Gelnhausen zu einem Wechsel des zuständigen Richters gekommen, der ebenfalls die Meinung vertreten habe, dass Geschwindigkeitsmessungen im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bedenklich seien. Die hoheitliche Aufgabe der Geschwindigkeitsmessungen sei alleinige Aufgabe der Kommunen und der Polizei und die Beschäftigung von Messpersonal über Arbeitsnehmerüberlassungsverträge sei nicht zulässig.

„Die Gemeinde Freigericht hat daher gemeinsam mit der Gemeinde Hasselroth entschieden, einen Ordnungspolizeibeamten zur Durchführung der Geschwindigkeitsmessungen einzustellen; seit Dezember 2018 erfolgen diese durch eigene Ordnungspolizeibeamte.Bei dem Urteil des Amtsgerichtes Gelnhausen vom 29.05.2019, das nun durch das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigt wurde, handelt es sich um ein Geschwindigkeitsverfahren der Gemeinde Freigericht von Anfang 2018. Die Geschwindigkeitsmessungen des gemeinsamen Ordnungsbehördenbezirkes Freigericht/Hasselroth werden gemäß den bereits zitierten Vorgaben des Landes Hessen und des Regierungspräsidiums Kassel ordnungsgemäß durchgeführt“, heißt es in der Pressemitteilung abschließend.


Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige

online werben

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige

vogler banner

Anzeige

vogler banner

Anzeige

Online Banner 300x250px MoPo 2