Luchs mehrfach von Naturpark-Rangern fotografiert

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Nachdem vor über 300 Jahren der letzte Luchs im Spessart erlegt und somit die Population ausgerottet wurde, ist der Spessart lange Zeit luchsfrei geblieben.



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Seit Ende der 1980er Jahre gibt es jedoch immer wieder Hinweise auf die Anwesenheit von einzelnen Luchsen im Naturpark Spessart. Im Kahlgrund berichtete man vor etlichen Jahren bereits davon, Lautäußerungen der scheuen Jäger gehört zu haben. Hier und da war die Rede von Sichtungen und 2017 gab es ein erstes Foto aus einer Fotofalle der Bayerischen Staatsforsten. In den vergangenen Wochen haben Ranger des Naturpark Spessart e.V. nun einen männlichen Luchs mehrmals mit einer Fotofalle ablichten können.

Die Frage, ob die Großkatze tatsächlich wieder heimisch in unseren Wäldern ist, oder ob es sich jeweils nur um durchreisende Tiere auf der Suche nach einem geeigneten Lebensraum und Paarungspartner handelte, bleibt vorerst ungeklärt. Junge Luchse können auf der Suche nach einem freien Revier durchaus weite Strecken zurücklegen. Da sich die Tiere während ihrer Abwanderung an Vegetationsstrukturen orientieren und größere Straßen oft unüberwindbare Hindernisse darstellen können, haben es die Jungluchse auf ihrer Suche nach einem eigenen Territorium nicht leicht.

Ebenso spannend bleibt die Frage, aus welcher Population die Tiere stammen. Körperbau und Färbung des aktuell fotografierten Luchses lassen laut Expertenmeinung ein Tier aus der Harzer Population vermuten. Im Nationalpark Harz wurden seit dem Jahr 2000 Luchse gezielt wieder angesiedelt. Für eine sichere Bestimmung der Herkunft des Luchses wäre genetisches Material nötig, z.B. Haare, Losung oder Speichel an Beuteresten.

Der Luchs zieht große, geschlossene Waldgebiete vor, er durchstreift aber auch waldärmere Regionen. Ein zusammenhängender Lebensraum ist wichtiger als einzelne, noch so naturnahe, kleinräumige Refugien. Bevorzugt werden von ihm steile bewaldete Hänge. Eingestreute Felsen liebt er als Ruhe- und Aussichtsplätze. So wird er von Menschen oder Artgenossen nicht überrascht. Unterwuchsreiche, vielfältig strukturierte Wälder bieten dem Pirsch- und Überraschungsjäger die besten Jagdchancen. Diese Ansprüche sind für den Spessart so zutreffend, dass unsere Region als potentielles Luchsrevier ideal geeignet wäre. Hier ist allerdings auch die Akzeptanz durch uns Menschen gefragt.

Erholungssuchende, die sich den Naturraum mit der scheuen Raubkatze teilen, brauchen diese nicht zu fürchten. Luchse meiden die menschliche Anwesenheit, und selbst bei Annäherung wird man sie aufgrund seiner guten Tarnung vermutlich nicht wahrnehmen. Übergriffe auf Nutztiere sind extrem selten. Sollte es dennoch im Ausnahmefall dazu kommen und als Verursacher die scheue Raubkatze identifiziert werden, stehen hier Gelder für Ausgleichszahlungen zur Verfügung.

Luchse benötigen riesige Wohn-, Jagd- und Streifgebiete: bei den Männchen, den Kudern sind es 150-400 km², bei den Weibchen, den Katzen, etwa halb so viel. Sie sind ausgeprägte Einzelgänger. Daher gibt es auch für Jäger keinen Anlass, den Luchs als Beutekonkurrent wahrzunehmen.

Kurzportrait Eurasischer Luchs (Lynx Lynx)

  • Aussehen: Hochbeinige Katze, grau bis rötliches Fell, oft mit schwarzen Flecken oder Rosetten, Ohrpinseln (4 cm), Backenbart und Stummelschwanz mit schwarzer Spitze (20–25 cm).
  • Größe: Adulte Männchen 20–26 kg, Weibchen 17–20 kg.
  • Verbreitung: Europa und Asien vom Himalaya bis zur nördlichen Waldgrenze,
  • Habitat: boreale und gemäßigte Wälder, in Zentralasien auch in waldlosen Gebirgen.
  • Raum- & Sozialstruktur: Lebt einzelgängerisch in permanenten Territorien, Weibchen (50–200 km²) und Männchen (150–400 km²) überlagernd, aber exklusiv bei gleichgeschlechtlichen Tieren.
  • Paarungszeit: Februar/April
  • Tragezeit: ca. 70 Tage.
  • Wurfgröße: 2 (1-4) Junge von Mutter 10 Monate geführt, danach Abwanderung.
  • Nahrung: Hauptsächlich Rehe, Rotwildkälber, gelegentlich Füchse, Nutztiere, Kleinsäuger. Pro Luchs etwa 50–60 Paarhufer pro Jahr.

Was können Sie tun, wenn Sie einen möglichen Riss eines Luchses gefunden haben?

Wichtig ist es, das gerissenen Beutetier am Fundort und in der Position zu belassen, in der es gefunden wurde und dieses nicht anzufassen. Auf keinen Fall darf das Tier mitgenommen werden. Vermeiden Sie es, den Fundort zu verändern oder vermehrt zu betreten. Hierdurch können wichtige Spuren beziehungsweise Fährtenabdrücke unkenntlich gemacht werden.

Vermuten Sie eine Beteiligung eines großen Beutegreifers oder sind Sie sich unsicher, wenden Sie sich an das Bayerische Landesamt für Umwelt, Ihr Landratsamt, das Amt für Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt mit seinen Außenstellen oder an die Polizei und übermitteln Sie Hinweise wie Spuren oder Fotos über ein entsprechendes Meldeformular direkt an das Bayerische Landesamt für Umwelt (https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/hinweise_melden/index.htm). Geben Sie die Koordinaten des Fundortes, das Funddatum und Ihre persönlichen Kontaktdaten an. Je nach Zustand Ihres Fundes wird der Kontakt zu einem Mitglied des Netzwerks Große Beutegreifer hergestellt. Derzeit sind gut ein Dutzend dieser ehrenamtlichen Berater im Spessart aktiv (Ansprechpartner beim Naturpark Spessart e.V. – Naturpark-Ranger Andreas Gries). Sie sind freiwillig als Ansprechpartner und Rissbegutachter vor Ort tätig und somit Helfer für Nutztierhalter und Jäger. Sie erstellen nach nationalem Standard eine Dokumentation von Hinweisen auf große Beutegreifer und sichern damit wichtige Details, um potenzielle Verursacher festzustellen. Somit bilden Sie eine wichtige Schnittstelle und Unterstützung im landesweiten Monitoring zu Bestand und Entwicklung des Luchsvorkommens in Bayern.


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