Hans-Joachim Heist brilliert als Heinz Erhardt

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Autogrammjäger Alexander darf sich im Glück wähnen: Schon zum zweiten Mal binnen weniger Wochen hat er in Bad Orb im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Sommerabende im Park“ das Glück, seine Unterschriftensammlung weiter ergänzen zu können.



Wobei er – anders als bei Christine Westermann – Hans-Joachim Heist nicht zum ersten Mal um eine Signatur bittet. Der Schauspieler, Komiker und Regisseur ist am zurückliegenden Freitagnachmittag unterwegs auf einem kleinen Gang durch den Kurpark, als ihm der extra aus dem Würzburger Raum angereiste Autogrammfan begegnet. Wenige Stunden und ein Pastagericht später steht der 74-jährige Hesse auf der Bühne des Konzertsaals. Und gibt einen kurzen Einblick in das Leben des brillanten Komikers, Musikers und Komponisten, dem der weitere Abend gewidmet sein wird: Heinz Erhardt.

Für diesen Rollenwechsel benötigt Heist wenige Sekunden, eine alte Hornbrille, eine leicht veränderte Körperhaltung. Sonst nichts. Das volle Gesicht ist da, das spärliche Haar („The pony is over the ocean“), der markante Griff zur Sehhilfe. Dass ihn von seinem Alter Ego ganze acht Zentimeter Körpergröße trennen – das knapp 300köpfige Publikum sieht das nicht, sodass der Zauber der Verwandlung nahezu perfekt wirkt. Identisch das schelmische Lachen, wiedererkennbar die schlenkernden Arme und der leicht vorgebeugte Oberkörper – und ebenso wiedererkennbar die Gedichte, Wortverdreher, Lieder, altbekannt und vielleicht genau deshalb so beliebt und geschätzt. Nicht umsonst können viele Gäste die Texte auswendig, seufzen entzückt auf, als „Die Made“ angekündigt wird, und singen die kompletten Lyrics mit, zu denen Heist alias Erhardt etwa bei „Fährt der alte Lord fort“ über die Bühne tanzt. „Herr Kapellmeister, wenn Sie mich kurz betasten möchten“, kommt dann stets die Aufforderung an Sohn Daniel, der als Tontechniker am Mischpult steht, die entsprechende Musik einzuspielen. Daniel Heist ist es auch, der zu späterer Stunde im BMW seinen Vater wieder die knapp 100 Kilometer nach Hause nach Pfungstadt fährt.

Mag Heist auch einem breiten Publikum zunächst aufgrund seiner Rolle als cholerischer Nachrichten-Kommentator Gernot Hassknecht in der Satiresendung „heute-show“ bekannt geworden sein – in seiner Rolle als Heinz Erhardt brilliert der Hesse nicht weniger. „Heinz Erhardt ist Kult“, stellt Heist fest. Dem stimmt das Publikum zu, mit dem der Künstler große Teile des Abends immer wieder interagiert: Etwa gleich in seiner Begrüßung als Heinz Erhardt und „nachdem ich mich jetzt auf dieser Bühne versammelt habe“: „Lassen Sie uns den Abend genießen, Genossen“, wird gleich mit „Das geht nix. Das heißt: Lassen Sie uns diesen Abend genießen, Komma, genossen wir doch selten einen so schönen.“ Oder bei der Suche nach dem albernsten Ortsnamen aus der Region, bei dem vor Lieblos, Mauswinkel und Bösgesäß schließlich Linsengericht („Das liegt direkt neben Erbseneintopf“) das Rennen macht und deshalb das Gedicht mit dem Etikett „albern hoch zwanzig“ gewidmet bekommt: „Es weht ein Wind in Linsengericht, der pustet kalt. Wer da nicht einen Mantel hat, der hustet bald.“

Oder nach der zwanzigminütigen Pause, als ein Gast verspätet wieder in den Saal kommt und begrüßt wird mit: „Man kennt das ja: Man kommt zu spät, und die ganze Reihe muss aufstehen. Fehlt noch jemand?“ Das umfallende Glas wird kommentiert mit: „Ja bitte? Einfach liegenlassen, das tritt sich fest.“ Aufbrandender Applaus: „Danke für dieses Geräusch.“ Dass eine Besucherin aus der ersten Reihe noch vor Veranstaltungsende an die Bühne tritt und um ein Autogramm auf einem mitgebrachten Zeitungsausschnitt bittet - für den Bühnenprofi kein Problem, der scherzt: „Aha. Der Stift muss erst noch geschüttelt werden. Das ist bei mir genauso.“

Ein Blick ins Weltgeschehen darf nicht fehlen: „An der Riviera, wo ich weilte, geht ja das Meer direkt bis ans Ufer.“ Und dank der Abwasserrohre treffe man beim Schwimmen auch immer wieder „alte Bekannte. Es heißt ja auch Kot d´Azur.“ Das Scheichtum Hamudistan liege „irgendwo zwischen Iran und Persien“, aber „hier kennen sich ja einige in Geometrie aus“. In Südlappland brauche der Besucher nur Seife für die Reinigung, „Lappen gibt es dort genug“, und was „hallo Wien“ (Halloween) bei uns suche, sei auch unklar. „Das gehört nach Österreich mit diesen Gruselclowns.“ Flink wird gleich noch erwähnt, dass „die Amerikaner ja alles übertreiben müssen“. Auch mit eben diesen Gruselclowns – schließlich hätten sie einen zum Präsidenten gewählt. Spott erntet auch „Germanys next Knochengestell mit Heidi Klumbatsch“.

Auch wenn der Künstler ein ums andere Mal betont: „Ich bin so verstreut heute wie ein Sandsack“: Die geliebten Klassiker, für die er das Publikum um „Stipendium jetzt!“ bittet, hat er doch alle im Gepäck. Den König Erl von Johann Wolfgang von Frankfurt, die Balladen um die Ritter Kunibert und Fips, den Chor der Müllionäre („Müllirallala“), Tiergedichte wie „Das Nashorn und das Trockenhorn“ – mal kommen sie recht flach daher, mal mit einigem Tiefgang. „Die Worte fallen mir leicht aus dem Gehege meiner Zähne“, dass dieser Satz stimmt, ist klar zu erkennen. „Stinkelingpief“, wie Heist in alter Erhardt-Manier zu sagen pflegt, wenn er „instinktiv“ meint, hat der Künstler ganz offenkundig mit seiner Textauswahl ins Schwarze getroffen. Und bekommt neben tosendem Applaus und mehreren Zugaben auch standing ovations als Dank für den mehr als zweistündigen Auftritt.

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