Trockenheit macht Versorgern zu schaffen: Kreiswerke führen Wasserampel ein

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Für eine Wetterprognose im Hinblick auf die kommenden Sommermonate ist es noch zu früh. Doch schon jetzt ist für die Kreiswerke Main-Kinzig auf Basis ihrer Analysedaten absehbar, dass es zu trocken ist in der Region. Wie auch in Gesamt-Deutschland. Das bereitet der Wasserversorgungsbranche Kopfzerbrechen. Schon im Mai gab es Spitzenverbräuche, wie sonst im Hochsommer. Die Herausforderungen sind vielfältig.



Um den Bürgerinnen und Bürgern die Verfügbarkeit von Trinkwasser aus ihren Gewinnungsgebieten sowie dem Fremdbezug aufzuzeigen, haben die Kreiswerke die „Wasserampel“ eingeführt. Im Vorausblick auf den jeweils nächsten Monat wird hier mithilfe eines optischen Signals verdeutlicht, ob in dieser Zeit mit Engpässen zu rechnen ist, und was dieser Engpass bedeutet. Die Ampel leuchtet ab sofort auf der Webseite des Regionalversorgers unter www.kreiswerke-main-kinzig.de/wasserampel auf und zeigt aktuell als Vorschau für den Monat Juli die Signalfarbe Gelb.

Mit dem Hitzesommer 2018 hatte die Situation ihren Lauf genommen: Bis heute sind die Grundwasservorräte nicht wieder auf ihr übliches Maß angestiegen. Ein Beispiel: Ihren Brunnen Erbstadt 2 betrieben die Kreiswerke ausgehend vom Jahr 2015 noch mit einem Grundwasserspiegel von 145,75 Metern über Normalnull (NN). Heute befindet sich der Grundwasserpegel auf einer NN-Höhe von 140,5 Metern – ganze 5 Meter darunter! Und leider füllen sich die Reservoirs im Boden auch nicht direkt nach einem Regenschauer wieder. Die vorhandenen Niederschlagsmengen stammen zudem häufig aus Starkregenfällen, die leider kaum einen Beitrag in der Grundwasservorratshaltung leisten. Das liege zum einen daran, dass das Wasser gar nicht so schnell im Boden versickern kann, wie es auftrifft, weshalb es bei Starkniederschlägen einfach abfließt. Zum anderen würde die Vegetation das Wasser „aufsaugen“ und es gar nicht erst bis zum Grundwasser durchkommen lassen. Tendenziell sei der Main-Kinzig-Kreis ein niederschlagsarmes Gebiet, so die Aussagen der Wasserfachkräfte beim Regionalversorger Kreiswerke Main-Kinzig.

„Um fundierte Voraussagen auf die künftige Entwicklung der Trinkwasserverfügbarkeit treffen zu können, haben wir ein Prognosesystem entwickelt, das aus einer Vielzahl von Faktoren besteht: etwa dem Grundwasserspiegel, dem Ausschöpfungsgrad von Eigenförderung und Fremdwasserbezugsmengen, Niederschlagswerten und auch Tages- und Nachttemperaturen. Diese Werte setzten wir regelmäßig und in kurzen Zeitabschnitten in Relation und legen so die Signalfarbe der Wasserampel für den kommenden Monat fest“, erklärt Stefan Gerlach, Technische Führungskraft Wasser bei den Kreiswerken Main-Kinzig. Je nach Signalfarbe bittet der Versorger die Bevölkerung darum, ihr Verbrauchsverhalten anzupassen und die entsprechend aufgeführten Hinweise dringend einzuhalten. „Das Spektrum reicht von Grün – einer guten Trinkwasserverfügbarkeit – über Gelb bis hin zu Rot, was eine stark eingeschränkte Verfügbarkeit bedeutet. In diesem letzten Eskalationsmodus wäre der Trinkwassernotstand auszurufen".

„Mithilfe dieses Vorwarnsystems können wir frühzeitig Einfluss auf den Trinkwasserverbrauch sowie die Verfügbarkeit in unserem Verantwortungsbereich nehmen.“ Dabei sei die Mithilfe der Bevölkerung elementar: „Mit der Wasserampel geben wir den Bürgerinnen und Bürgern ein Informationssystem an die Hand, mit dem wir die Menschen für eine verantwortungsvolle Trinkwassernutzung sensibilisieren wollen. Nur so kann eine rechtzeitige Beratung und Sensibilisierung der Bevölkerung ermöglicht und eine nachhaltige Verfügbarkeit gewährleistet werden“, so Gerlach zur Zielsetzung für die Einführung der Ampel.

„Die Farbe der Trinkwasserampel zeigt aktuell als Vorschau für den Monat Juli als Signal Gelb an“, so Stefan Gerlach. Diese Bewertung fasst er so zusammen: „Die Reserven in den Brunnen sind noch auf einem guten Niveau. Die fixierten Fremdbezugsmengen werden allerdings über das Maß ausgeschöpft werden. Die Niederschläge im Mai waren unterdurchschnittlich gering und an vielen Tagen wird die Höchsttemperatur von 25°C überschritten werden. Somit besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Wasserpegel im Juli auf ein niedrigeres Niveau sinken.“

Im Schnitt verbrauchen die Bundesbürger 125 Liter kostbares Leitungswasser pro Kopf und Tag. Wenn es heiß ist, steigt dieser Verbrauch jedoch erheblich an: Bis zu 35 Prozent mehr Trinkwasser als im Durchschnitt wird an heißen, sonnigen Sommertagen genutzt – für Pools, zur Gartenbewässerung, zur Abkühlung. „Diesen saisonalen Mehrverbrauch registrierten wir nun schon ab April und ganz besonders im Mai – wahrscheinlich wurden hier auch schon die ersten Pools befüllt“, zeigt Stefan Gerlach auf.

Zur Anpassung an die sich abzeichnenden Herausforderungen wie den Klimawandel, Bevölkerungswachstum und „Landflucht“, Flächenversiegelungen, wasserintensive Produktion von Landwirtschaft und Industrie (virtuelles Wasser) sowie ein verändertes Konsumverhalten hätten die Kreiswerke zudem bereits im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit der BGS Umweltplanung GmbH aus Darmstadt ihr Wasserversorgungskonzept entsprechend überarbeitet, informiert Gerlach. Um die erhöhten Trinkwasserabnahmen decken zu können, die zudem zeitgleich mit der Reduktion von Wassermengen durch einen Vorversorger einher gingen, seien als eine der ersten Maßnahmen Brunnen reaktiviert worden, die bislang als Reservebrunnen vorgehalten wurden.

Im Umgang mit den lokalen Trinkwasserressourcen liege noch einiges an Potenzial. Gerade jetzt könne etwa stärker darauf geachtet werden, wann besser Regenwasser statt Trinkwasser zu nutzen sei. Etwa für die Gartenbewässerung im privaten Bereich, aber auch im Haushalt für die Toilettenspülung oder die Waschmaschine. Die Sparmaßnahmen seien hauptsächlich in den Spitzenzeiten nötig. „Also dann, wenn die Menschen nach Feierabend ihre Rasenfläche mit aufbereitetem Trinkwasser begießen. Dies bitte maximal mit Regenwasser“, so die dringende Bitte des Versorgers. Gerlach abschließend: „Es geht darum, das Wasserdargebot nachhaltig in den Griff zu bekommen: Dabei sind wir auf das solidarische Handeln jedes Einzelnen angewiesen.“

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