Kita-Öffnungen nicht zu Lasten der Beschäftigten

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Mit großer Sorge sieht ver.di Hessen der für den 6.Juli geplanten Öffnung von Kinderbetreuungseinrichtungen im Normalbetrieb entgegen.



Dr. Kristin Ideler, bei ver.di Hessen zuständig für Kindertagesstätten: „100 Prozent Betreuungsquote nach Plan des Sozialministeriums bedeutet, dass mehr Kinder als vorher von weniger Fachkräften betreut werden. Denn es gibt seit Corona viel mehr Ausfälle, die Krankheitsrate bei den Erzieher*innen ist höher. Risikogruppen stehen nicht für den Kinderdienst zur Verfügung. Wo schon vor der Corona Krise Fachkräfte für den Normalbetrieb fehlten, hat sich die Situation nun nochmals verschärft.“

Ulrike Bräutigam, Kita-Leitung in Hanau und Mitglied der ver.di Fachgruppe Sozial-, Kinder- und Jugendhilfe ergänzt: „Die Kolleg*innen freuen sich auf den Regelbetrieb und die Kinder. Gleichzeitig bestehen Ängste: Wie wird es weitergehen? Besonders bei Kolleg*innen über 60 und aus Risikogruppen. Da der Altersdurchschnitt bei uns hoch ist, sind wir in den Kitas auf diese Kolleg*innen angewiesen.“ Der Schutz der Risikogruppen ist nach Meinung von ver.di nicht ausreichend gewährleistet, da der neue Hygieneplan des Landes eher ein Pandemieschutz light sei als ein umfassendes Schutzkonzept für die Beschäftigten, Kinder und Eltern.

Statt die Kapazitäten in den Einrichtungen der personellen Situation anzupassen, will das Sozialministerium nun ermöglichen, bei Personalengpässen durch Corona Hilfspersonal einstellen. Die einzige Qualifikation dieser Menschen soll die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses sein. Darüber hinaus sieht ein Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen zur Verbesserung der Personalsituation in Kindertagesstätten vor, den Fachkräftekatalog zu erweitern und nun künftig in eingeschränktem Maße auch Personal mit fachfremden Abschlüssen zur Mitarbeit einzustellen, und zwar unabhängig von Corona auch dauerhaft. Dies lehnt ver.di ab.

Ulrike Bräutigam: „Jetzt sollen fachfremde Menschen uns unterstützen, damit wir in der Krise den Regelbetrieb leisten können. Wie wird sich der Einsatz solcher Kolleg*innen darstellen, wenn wir gelernt haben mit Corona oder ähnlichen Situationen umzugehen? Bekommen sie dann Applaus und wir schicken sie wieder weg oder bleiben sie in den Kitas und wir nutzen fachfremde Kolleg*innen für Hilfsarbeiten aus?“ Ihre Kollegin Tanja Demuth aus Riedstadt, ebenfalls Mitglied in der ver.di Fachgruppe: „Seit Jahren kämpfen wir für mehr Anerkennung und bessere Arbeitsbedingungen, um den Beruf der Erzieher*in wieder attraktiv zu machen und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Die Absenkung des Fachkräftestandards ist ein Schlag ins Gesicht! Das be-deutet den Abschied von Bildung für Kinder und pädagogischer Qualität. Wer möchte denn unter diesen Voraussetzungen als Erzieher*in arbeiten?“

Aus ver.di-Sicht hätte eine solche Öffnung zunächst nur zeitlich befristet und mit einem parallelen Monitoring stattfinden sollen, um den derzeit verschärften Entlastungsbedarf zu decken. Es fehlt zudem ein Weiterqualifizierungsanspruch für die Beschäftigten sowie die explizite Ausnahme von anderen Mangelberufen zum Beispiel aus dem Gesundheitswesen. Dr. Kristin Ideler: „Es ist paradox: Eigentlich treten zum 1. August Verbesserungen beim Fachkraftschlüssel in Kraft, finanziert durch Geld vom Bund aus dem Gute Kita Gesetz. Das wird aber durch die anderen getroffenen Maßnahmen derart konterkariert, das wir gespannt sein dürfen, ob überhaupt etwas davon in den Einrichtungen spürbar sein wird.“

ver.di erwartet vom Land, den Kommunen und den Trägern, dass die Expert*innen aus der Praxis, die pädagogischen Fachkräfte, mit einbezogen werden und ihre Bedürfnisse, Ängste, Befürchtungen nicht länger ungehört verhallen. Kristin Ideler: „Deshalb fordern wir einmal mehr, das Land möge einen Kita-Gipfel einberufen und alle Beteiligten an einen Tisch holen - insbesondere die Beschäftigten und ihre Fachgewerkschaft ver.di sowie die Elternvertreter*innen, die bisher weder ausreichend gehört, noch in die Umsetzung des Öffnungs-Prozesses transparent eingebunden waren.


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