Arzneimittelversorgung: Situation verschärft sich

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„Die Situation in den Apotheken verschärft sich immer mehr, wir können unserem gesetzlichen Auftrag zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung schon jetzt nicht mehr vollständig nachkommen“, schlägt Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes (HAV) Alarm. Weit über 400 Medikamente seien mittlerweile aufgrund von Lieferengpässen gar nicht mehr oder nur schwer zu beschaffen - und die Lage spitze sich weiter zu.



„Es werden von Woche zu Woche mehr Arzneimittel, die den Patientinnen und Patienten fehlen“, berichtet der Vorsitzende des HAV, dem 99 Prozent der rund 1.400 hessischen Apotheken angehören. Einzig mit viel Engagement und enormem Zeitaufwand gelinge es den Apothekerinnen und Apothekern hier und da gegenzusteuern.

Umso größer falle die Enttäuschung über den jetzt in Berlin vorgelegten Referentenentwurf für das so genannte Lieferengpass-Gesetz aus. Dieser Entwurf sieht unter anderem einen Zuschlag von 50 Cent vor, wenn Apotheken ein gelistetes versorgungskritisches Medikament beschaffen. „Dieser Betrag ist geradezu skandalös und ein Schlag ins Gesicht aller Apotheken und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen die Lieferengpässe seit vielen Monaten alles abverlangen“, kritisiert Holger Seyfarth scharf. Auch die zunehmende Verunsicherung und Verärgerung betroffener Patientinnen und Patienten über die katastrophalen Lieferengpässe ändere dieser Referentenentwurf nicht: „Der Gesetzgeber teilt uns und der Bevölkerung weiterhin nicht mit, ab welchem Zeitpunkt endlich wieder nachhaltig und problemlos sämtliche dringend benötigten Arzneimittel zur Verfügung stehen“.

Mangelnde Wertschätzung gegenüber den Leistungen der Apothekenteams dokumentiere der Referentenentwurf auch in einem weiteren Punkt: So sollen die seit der Corona-Pandemie bewährten Austauschregeln für Arzneimittel wieder beschränkt werden. „Dieser Anachronismus in Zeiten von Lieferengpässen, die eigentlich noch mehr Flexibilität vor Ort in den Apotheken nötig machen, ist geradezu fatal“, betont der Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbandes. Er lädt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ausdrücklich zu einem Praktikum in eine Apotheke ein: „Dann kann der Minister einmal die Realität vor Ort kennenlernen und auch Müttern erklären, warum wir ihnen das Antibiotikum für ihr krankes Kind nicht mitgeben können“.

Aus all diesen Gründen startet in diesen Tagen eine bundesweite Informationskampagne der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (ABDA) in den Apotheken, an der sich auch die hessischen Apothekerinnen und Apotheker beteiligen. „Die Gesundheit der Menschen liegt uns am Herzen, wir werden aber deutlich machen, wie es uns seitens der Regierung immer schwieriger gemacht wird, stets die für Patientinnen und Patienten bestmögliche individuelle Lösung zu finden“, betont Holger Seyfarth.


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