Im Zeichen des Dankes und der Nächstenliebe

Um 17.30 Uhr kommen an diesem Tag (Sonntag, 15. August 2021) Hilfs- und Rettungsorganisationen auf dem Obermarkt zusammen und ziehen gemeinsam mit Vertretern der Stadt Gelnhausen zur Marienkirche, wo um 18 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst stattfindet. Verbunden ist das Gedenken zum Hageltag in diesem Jahr mit einer Geburtstagsfeier: Der Stadtladen der Evangelischen Kirchengemeinde Gelnhausen feiert sein zehnjähriges Bestehen. Bereits um 15 Uhr öffnet am 15. August das Kirchhofcafé an der Marienkirche und bietet Gaumengenüsse und Aktionen.

Seit zehn Jahren bietet der Stadtladen der Evangelischen Kirchengemeinde Gelnhausen Menschen Beratung, warme Mahlzeiten und einen Ort der Begegnung an. Und wer ungewollt oder vorübergehend ohne Obdach ist, erhält im Stadtladen sogar eine Übernachtungsmöglichkeit. Die Evangelische Kirchengemeinde Gelnhausen ist froh, dass sie seit einer so langen Zeit diese dringend erforderliche Hilfe bereitstellen kann. Das Jubiläum möchte die Kirchengemeinde deshalb gerne feiern und lädt alle Interessierten zu einem Open-Air Fest ein. Am 15. August 2021 sind auf dem Kirchhof der Marienkirche ab 15 Uhr Tische und Bänke gestellt, es gibt Getränke, Kaffee und Kuchen, dessen Erlös für den Stadtladen bestimmt ist. Um 16 Uhr bietet eine professionelle Fotografin den Gästen des Festes ihre Dienste an. So kann man eigene Portraitfotos für einen guten Zweck erstellen, denn auch hier gehen die Einnahmen zugunsten des Stadtladens. Eine Ausstellung blickt auf die Geschichte des Stadtladens zurück und ab 17 Uhr kommen Gäste zu Wort, die seit der Gründung dabei gewesen sind oder die den Stadtladen in der Öffentlichkeit unterstützen. Um 18 Uhr mündet das Fest in den Ökumenischen Gottesdienst zum Hageltag in der Marienkirche. Mitwirken werden auch die Gelnhäuser Hilfsorganisationen. Die Kollekte des Hageltagsgottesdienstes ist für die Katastrophenhilfe, um den Flutopfern in Deutschland zu helfen. Danach gibt es im Schatten der Marienkirche gegrillte Würstchen und Getränke.

Zum Hintergrund

Der Stadtladen ist ein sozialdiakonisches Angebot der Evangelischen Kirchengemeinde Gelnhausen. In lockerer Café-Atmosphäre können Menschen sich treffen und austauschen. Alle Angebote im Stadtladen sind unentgeltlich. Das gilt für Essen und Trinken sowie für Sozial- und Lebensberatungen. Hinzu kommen Angebote des sozialen Miteinanders, wie z.B. das Frauenfrühstück und der Handarbeitsnachmittag. Ein wichtiger Bereich ist die Herberge. Hier finden Bedürftige für einige Tage eine kostenfreie Unterkunft. Vier Betten (verteilt auf zwei Zimmer), eine Küche, Dusche, WC sowie Waschmaschine und Wäschetrockner bieten eine Heimat auf Zeit. Die Zimmer sind fast durchgehend belegt: Etwa 500 Gäste erhielten 2020 hier ein Obdach. Auch Pilger auf dem Jakobsweg finden hier eine Schlafstätte.

Jeden Montag- bis Freitagvormittag gibt es Frühstück mit frischem Brot und verschiedenem Belag. Dazu stehen Kaffee oder Tee, Kakao und Saft bereit. Am Nachmittag gibt es meist selbst gebackenen Kuchen oder andere Leckereien. Zusätzlich zum Frühstück wird mittwochs eine Suppe angeboten und freitags ab ca. 12 Uhr eine warme, frisch zubereitete Mahlzeit. Das Angebot wird sehr gut angenommen. Die durchschnittliche Besucherzahl liegt zwischen 15 und 25 Personen pro Tag.

Die Sozial- und Lebensberatung im Stadtladen umfasst das Beratungsangebot für Menschen mit verschiedensten sozialen Problemen. Die Beratung erfolgt kostenlos, vertraulich, auf Wunsch anonym und unabhängig von Weltanschauung oder Religion. Die Mitarbeiter*innen im Stadtladen verstehen sich als Gesprächspartner für Menschen, denen es nicht gelingt, sich im vielfältigen Angebotsspektrum von Hilfen und gesetzlichen Ansprüchen zu orientieren. Bei Bedarf vermitteln sie an spezialisierte Fachdienste und arbeiten eng zum Beispiel mit dem Kommunalen Center für Arbeit (KCA) zusammen.  Die häufigsten Themen sind: Wohnungs-, Obdachlosigkeit, Wohnungssuche, Arbeitsuche (Hilfe bei Bewerbungen), Unterstützung in bürokratischen Dingen und im Umgang mit Ämtern, Unterstützung bei Sucht und psychischen Problemen, Vermittlung an mögliche Anlaufstellen, Hartz VI und Grundsicherung.

Der Hageltag

Im Jahre 1736 schlug am 15. August – dem katholischen Feiertag Mariä Himmelfahrt - während eines Sommergewitters ein Blitz ins Rathaus am Obermarkt ein und vernichtete das gesamte Gebäude. Nachbargebäude gerieten ebenfalls in Brand. Die auf dem Rathaus-Dachboden zum Trocknen gelagerten Tabakbestände flogen wie brennende Fackeln über die Stadt und es grenzt an ein Wunder, dass Gelnhausen damals einer gewaltigen Feuersbrunst entging. Der Überlieferung nach haben die Menschen angesichts der drohenden Vernichtung ihrer Stadt gemeinsam gebetet und der daraufhin aufkommende Regen und der Hagel haben mit dazu beigetragen, dass das Feuer eingedämmt werden konnte. Aber es dürfte auch den freiwilligen Helfern, die sogar aus Meerholz, den Nachbarorten und aus dem damaligen Selbold kamen, zu verdanken sein, dass es am 15. August 1736 nicht zu einer größeren Katastrophe kam. 1738 wurde vom Rat der Stadt erstmals der 15. August als Feiertag bestimmt und als solcher auch streng überwacht. So war dieser Tag in den ersten Jahrzehnten ein Fast- und Bußtag, an dem in der ganzen Stadt kein Feuer gemacht werden durfte. Wer gegen diese Bestimmungen verstieß, musste mit einer harten Strafe rechnen. Nachdem viele Jahre nicht mehr an den „Hageltag“ erinnert wurde, hat die Stadt Gelnhausen - zusammen mit den beiden Kirchengemeinden, den Rettungsorganisationen und den Chören der Stadtmitte  - 1979 erstmals wieder einen gemeinsamen ökumenischen Gedenkgottesdienst eingeführt.