"Schlampe von Gelnhausen": Mobbing unter AfD-Bundestagsabgeordneten

Politik
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Großer Politiker-Aufmarsch am kleinen Amtsgericht Gelnhausen: In einem Zivilverfahren standen sich zwei Bundestagsabgeordnete streitig gegenüber. Doch sie gehören nicht etwa verschiedenen Parteien an, sondern beide der AfD. Beklagte ist im vorliegenden Fall die heimische Politikerin Mariana Harder-Kühnel aus Gelnhausen, Kläger ihr Parteikollege Uwe Schulz aus Gießen. Beide, das ist wohl in der AfD weithin bekannt, stehen sich schon seit längerem unversöhnlich gegenüber.



Zu einem Höhepunkt dieser Auseinandersetzung kam es beim AfD-Landesparteitag vor knapp zwei Jahren am 16. Oktober 2022 in Gießen. Die 50-Jährige behauptet seitdem, der 62-jährige Widersacher habe sie dort bewusst im Vorbeigehen angerempelt, anschließend mit aggressiver Körperhaltung eingeschüchtert und als „Scheiß Narzisstin“ bezeichnet. Schulz will ihr gerichtlich diese Behauptungen untersagen lassen. Eigentlich war der Termin in Gelnhausen zunächst als Gütetermin zu dieser Auseinandersetzung gedacht. Doch Richter Carlo Conze sah von Anfang an keine Basis für eine einvernehmliche Lösung und stieg gleich in eine umfangreiche gut vierstündige Beweisaufnahme ein.

Insgesamt sieben Zeugen sollten zu dem Vorfall gehört werden, aber nur sechs kamen. Die wohl wichtigste Beobachterin der Szenerie ließ sich kurzfristig entschuldigen. Nur zwei Stunden vor Verhandlungsbeginn entschuldigte sie sich beim Vorsitzenden und legte ein ärztliches Attest vor. Fazit: Wegen einer akuten Lebensmittelvergiftung sei sie aktuell nicht verhandlungsfähig. Deswegen konnte auch am ersten Verhandlungstag keine Entscheidung getroffen werden. Bei einem zweiten Termin im November soll nun diese wichtige Zeugin gehört werden.

Zunächst durften die beiden Streitparteien noch einmal ihre Sichtweisen darlegen. Harder-Kühnel wiederholte nicht nur ihre Anschuldigungen, sondern brachte weitere Vorwürfe dar. So habe Schulz sie schon als „Schlampe von Gelnhausen“ bezeichnet, die „noch nie etwas gearbeitet hat“. Er habe sie als „eine Dame in abgefuckten, viel zu engen Klamotten, die sich mit Weight Watchers-Regeln herumschlägt“ beschrieben. Sie fühle sich als Opfer seines systematischen Mobbings und ständiger Beleidigungen, die auch schon andere zu spüren bekommen hätten.

Der Vorfall in Gießen habe sich am Ende des Parteitags zugetragen, als ein Foto von den Listenkandidaten für die Landtagswahl auf der Bühne gemacht werden sollte. Sie als Mitglied des Bundesvorstands wollte sich ebenfalls in die Gruppe einreihen, als kurz vorher der Parteikollege sie angerempelt haben soll. Später soll er sie als „Scheiß Narzisstin“ und „Der letzte Dreck“ bezeichnet und erklärt haben: „Du kannst nichts außer Fotos machen.“

Uwe Schulz verwahrte sich gegen die Anschuldigungen seiner Kontrahentin. Beim Parteitag habe es in keiner Weise Körperkontakt mit Harder-Kühnel gegeben. Ein Wortgefecht räumte er ein, auch das Wort Narzisstin sei gefallen. Sie kümmere sich „einen Dreck“ um das, was in Hessen in der Partei passiere, warf er ihr vor. Sie stelle sich als Leistungsträgerin in der AfD dar und erachte sein Engagement als gering. Schulz hatte jedoch eine parteiinterne Leistungsbilanz parat, die ihn wesentlich aktiver als die Kollegin auswies. „Sie ist nicht so harmlos, wie sie sich in der Öffentlichkeit darstellt“, warnte Schulz und ergänzte „Frau Harder-Kühnel ist ein ziemliches Problem in der Partei“.

Nach Medienberichten hatte sich mit dem Aufeinandertreffen auf dem Parteitag bereits der AfD-Bundesvorstand beschäftigt. Am Ende glaubte das Gremium auch aufgrund von Zeugenaussagen den Angaben der Gelnhäuser Abgeordneten. Schulz erhielt in der Folge für sein Verhalten eine parteiinterne Abmahnung.

Bei der jetzigen Gerichtsverhandlung waren die Aussagen jedoch anders gelagert. Von den sechs Zeugen bestätigte nur ihr persönlicher Referent einen Rempler. Alle anderen – darunter eine Europa- sowie zwei Landtags-Abgeordnete der Partei - wollen davon nichts gesehen haben. Insgesamt verlief die Verhandlung in Gelnhausen relativ geordnet. Vorsichtshalber hatte das Gericht jedoch einen Justizbeamten im Gerichtssaal und eine Streife der Polizei Gelnhausen im Flur davor positioniert. / hd


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