Brut- und Setzzeit: Deshalb müssen Hunde jetzt angeleint werden

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Es ist Frühjahr, die Tage werden endlich länger, die Pflanzen sprießen, immer mehr Vögel zwitschern und bekommen ihren Nachwuchs. Es ist, als ob alles Leben neu entflammt, zuverlässig Jahr für Jahr, jeden Frühling. Doch es ist auch eine Tatsache, dass Jahr für Jahr bestimmte Tierarten insbesondere in den hiesigen Feld- und Wiesenlandschaften immer seltener anzutreffen sind.



Dies hat vielfältige Ursachen – eine davon ist die Störung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten durch Menschen, die davon selbst meist gar nichts mitbekommen während der Brut- und Setzzeit, insbesondere von März bis Juli.

Um das näher zu beleuchten, muss man betrachten, wo tierischer Nachwuchs großgezogen wird und wie schnell er „auf eigenen Beinen“ stehen kann. Befindet man sich beispielsweise zu nah an einem mit Jungvögeln besetzten Baumnest des Mäusebussards, macht dieser mit Warnrufen darauf aufmerksam, besser Abstand zu halten. Werden die Warnrufe ignoriert, so kann es durchaus zu Angriffen des Raubvogels kommen. Kommt man einer Wildschweinbache mit Frischlingen zu nahe, so wird man unmissverständlich durch ein lautes Grunzen darauf aufmerksam gemacht, besser nicht näherzukommen. In diesen Fällen bekommen der Spaziergänger und die Spaziergängerin also etwas davon mit, dass sie gerade in deren Terrain eindringen. Solche Verhaltensweisen sind bei bodenbrütenden Vögeln, die in ihrem Brutverhalten und Erscheinungsbild eher unauffällig sind,  ist dies weniger stark ausgeprägt. Von ihnen bekommt der Mensch nicht immer etwas mit, etwa von der mittlerweile seltenen Feldlerche oder dem noch selteneren Wachtelkönig.

Nicht nur Bodenbrüter, auch Feldhasen sowie Rehwild sind durch ihre Fortpflanzungsökologie in Feld und Wiese besonders bedroht. Sogar auf begrünten Verkehrsinseln können junge Feldhasen tagsüber sich selbst überlassen werden, bevor das Muttertier zum Säugen auftaucht. Wichtig für die erfolgreiche Aufzucht der Langohren ist eine ausreichende Deckung in hohem Gras. Diese Art der Deckung nutzt auch das Rehwild bei der Jungenaufzucht. Und doch treten alljährlich im Frühjahr Konflikte mit der Landwirtschaft oder Hundehaltern und deren Schützlingen auf, weil sich Vögel und Rehe auf der Wiese befinden, weil sie dort brüten und sitzen, daher die Bezeichnung „Brut- und Setzzeit“. Eine allgemeine Definition lautet: „Die Brut- und Setzzeit bezeichnet die Zeit, in der Tiere brüten beziehungsweise Junge zur Welt bringen.“ Im Grunde müsste ergänzt werden: „…bis zum Selbständigwerden der Jungtiere“, so wie es im Bundesjagdgesetz heißt.

Klimawandel, immer mehr Fressfeinde wie Waschbär, Fuchs oder Mink sowie diverse menschliche Aktivitäten, seien sie beruflicher oder freizeitlicher Natur, beschleunigen das Abfallen der Bestandszahlen vieler Tierarten in der Feld- und Wiesenflur. Jedoch bestehen zu den menschgemachten Einflüssen vielschichtige Strategien zum „Abfangen“ dieser Tendenz. Die Ausweisung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten (NSG und LSG) ist mit der wichtigste Baustein im konfliktträchtigen Landschaftsraum Feld und Wiese. Solche Schutzflächen bieten oft die einzige Möglichkeit zur ungestörten Aufzucht zahlreicher Wildtiere. Dabei bestehen für die Feldbestellung strikte gesetzliche Vorgaben der Bewirtschaftung dieser besonderen Lebensräume. So ist es zum Beispiel untersagt, Wiesen in bestimmten Zeiträumen, gewöhnlich etwa vom Frühjahr bis zum Hochsommer, zu mähen. Auch die Mahd von innen nach außen hat sich als probates Mittel zum Schutz der Wiesenfauna bewährt.

Die Landwirtschaft ist also in Sachen Feld- und Wiesenschutz weitaus besser im Bilde als viele vermuten würden. Anders ist dies bei zahlreichen Freizeitaktivitäten: Spaziergänge, Gassigehen und auch Radfahren sollten insbesondere im Frühjahr während der Brut- uns Setzzeit in Schutzgebieten feinfühlig unternommen werden. So ist es wichtig, dass Hunde auf den Wegen bleiben und angeleint sind – zumindest in den Wochen von März bis Mitte Juli. Und das gilt nicht nur für die ausgewiesenen Schutzgebiete, schließlich kann ein Vogel wie die Goldammer genauso gut auf einer benachbarten Wiese brüten.

Nun ist es nicht so, dass jeder frei laufende Hund gezielt Jungvögel oder Eier sucht und sie auffrisst. Das Problem besteht darin, dass bodenbrütende Vögel durch eine zu hohe Frequenz durchstreifender Hunde ihr Nest so häufig verlassen, dass die Brut und die Jungvögel durch Unterkühlung sterben. Ganze Generation können so verloren gehen. Auch Fahrradfahrer setzen den Tieren vermehrt zu. Das Querfeldein-Fahren durch Äcker und Wiesen kann fatale Folgen für Flora und Fauna haben, derselbe Effekt wie bei den Hunden. Insofern richtet der Main-Kinzig-Kreis einen Appell an die Bürgerinnen und Bürger: Jeder und jede Einzelne kann für den Schutz der gefährdeten Wildtiere einen kleinen Beitrag leisten. Auch wenn so manchen das Verschwinden einer kleinen Vogelart als „unbedeutend“ erscheint, so soll doch stets bedacht werden, dass jede Art, die ausstirbt, jedes Ökosystem ein Stück weit instabiler werden lässt. Die unscheinbaren Arten in den Feldern und Wiesen brauchen Schutz. Sonst wird es hier immer verödeter, stiller und irgendwann vielleicht sogar stumm im Frühling.
Bildunterschrift: Nicht jeder Vogel verteidigt sein Nest so offensiv wie der Mäusebussard.


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de


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